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Wenn Lehrer
zum Rechnen
Finger nehmen

Ausstellung im Museum Osthusschule

Senne (oh). Es war einmal... Ñ als es weder Scanner-Kassen im Supermarkt noch Taschenrechner in der Schule gab, die den Menschen das Kopfrechnen abnahmen. Und: Es war einmal... als Lehrer und »Erfinder« über geeignete Hilfsmittel grübelten, um ihren Schülern - besonders den »mathematischen Holzköpfen« unter ihnen - das Rechnen auf anschauliche und leichtere Weise beizubringen.

So wie der Gütersloher Lehrer Wilhelm Wlecke. Der hatte schon 1929 erkannt, dass für manche Kinder die eigenen Finger oftmals der letzte Rettungsanker beim Rechnen waren. Also erfand Wlecke die so genannte »Fingerrechenmaschine«.
Diese legte der Pädagoge seinen Volksschullehrer-Kollegen intensiv ans Herz und schrieb zur besseren Veranschaulichung die Betriebsanleitung »Die Finger als Fundament des ganzen Zahlenbaues« dazu. Darin schwört der Erfinder auf seine Unterrichtsmethode und hält sie für den einzigen Weg, rechenschwachen Kindern die Grundlagen der Arithmetik beibringen zu können.
Wleckes originelle Erfindung zur Veranschaulichung des additiven und multiplikativen Rechnens im Zahlenraum bis 20 ist zurzeit ebenso im Senner Schulmuseums Osthusschule zu sehen wie viele weitere »Erfindungen« rund ums Rechnen. Ihnen ist eine Ausstellung in dem historischen Gebäude an der Friedrichsdorfer Straße 100 gewidmet, die noch bis Ende Mai zu sehen ist.
Knapp 40 Exponate hat Ortsheimatpfleger Hans Schumacher aus dem eigenen Museumsbestand für die kleine Schau ausgewählt. Ein hölzerner Apfel, anschauliches Hilfsmittel für die Bruchrechnung, ist ebenso vertreten wie die schon erwähnte »Fingerrechenmaschine« oder eine originelle Schokoladentafel-Hülle der Firma »Lindt«. Was diese mit Addieren und Subtrahieren zu tun hat? Buchstäblich im Handumdrehen konnten Schüler mit der »Dreingabe« das kleine Einmaleins und seine »Ergebnisse« sichtbar werden lassen. Wenn das keine wahrhaft süße Idee war!
Die meisten Exponate der Ausstellung stammen aus der Zeit nach 1920. Doch bereits im 19. Jahrhundert setzten pfiffige Schulmeisterlein im Unterricht »Rechenmaschinen« mit verschiedenfarbigen Kugeln zum Schieben ein - eine Art großer Abakus - die den Schülern Zusammenzählen und Abziehen erleichtern sollten.
Genauso wie etliche andere, ebenso originellen Hilfsmittel. Da gibt es den »rechnenden Federkasten«, der durch leichtes Drehen in runden Aussparungen korrekte Multiplikationsergebnisse anzeigt. »Selbst die Werbung hat sich interessanterweise der Rechengeräte angenommen«, sagt Hans Schumacher.
Neben der »mathematischen Schokoladenhülle« bediente sich auch die Firma Dr. Glettler in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für seinen als überaus gesund gepriesenen »Fruchtkaffee« einer solchen Werbebeigabe: Die Verpackung war mit einer 1x1-Rechenscheibe versehen.
Ob diese originellen »Erfindungen« mehr oder weniger hilfreich waren - Hans Schumacher zuckt mit den Schultern. Eines weiß er aber aus Erfahrung: Wenn er historischen Unterricht, zumeist für Kinder des dritten Schuljahres, im Schulmuseum hält, dann benutzt er gern den »Apfel«. »Dieses Gerät ist wunderbar, um den Kleinen das Bruchrechnen beizubringen.«
Aber auch moderne Rechengeräte sind zu sehen: Addiermaschinen fürs Büro, Hilfemittel für die Mengenlehre etwa oder der erste kleine Taschenrechner von Texas Instruments. Die Ausstellung ist jeweils dienstags geöffnet von 15 bis 19 Uhr sowie nach telefonischer Anmeldung unter der Rufnummer 05209/2783.

Artikel vom 06.04.2005