08.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Leitartikel
Zwischenstopp Blomberg

Sie werden kämpfen -
garantiert


Von Rolf Dressler
Das also war er, der montägliche Hyper-Blitzbesuch des französischen Präsidenten und seines Gastgebers, des deutschen Bundeskanzlers, auf dessen lippischem Heimatboden. Die hohe Weltpolitik machte Zwischenstation in einer jener liebens- und lebenswerten sogenannten Provinz, von denen die Menschen sich gerade im glorreichen Zeitalter der Globalisierung mehr denn je Halt und Geborgenheit erhoffen.
Alles wird in solchen Visitefällen punktgenau vorgeplant. Praktisch nichts überlassen die Damen und Herren des Diplomaten-Protokolls dem Zufall. Jeder Schritt, jede Geste muss »sitzen«. Nur dann sind so talentierte Polit-Darsteller wie der Regent aus dem Elysee-Palast und der Regierungschef vom Berliner Spreebogen mit sich und der Medien-Welt rundum zufrieden.
Und eine Gelegenheit wie diese kommt natürlich auch Gerhard Schröders »Vize« im rot-grün lackierten Koalitionsboot ganz außerordentlich zupass. Denn seit die offenbar haarsträubend laxen Visa-Missbrauchspraktiken in der Verantwortung des Außenministeriums ruchbar wurden, verdunkelt sich beim Publikum zusehends das bis dahin scheinbar makellose Bild von Joschka Fischer Su- perstar.
Der vermeintlich unantastbare »Verfechter des Guten« (Originalton »Frankfurter Allgemeine«) sieht sich in seinem Selbstver- ständnis erschüttert, wirkt ungewohnt verunsichert, auch wenn er trotzig größtmögliche Souveränität nach außen kehrt. Zudem bläst nun namentlich den Grünen ver- stärkter Gegenwind ins Gesicht:
Mit ihnen, so sehen es mehr und mehr Bürger bis hinein in die Gewerkschaften, sei der Wirtschaftsdampfer Deutschland nicht wirklich wieder flottzumachen. Ja, vor allem die Grünen stünden einem erfolgreichen Kampf gegen die beispiellos anschwellende Massenarbeitslosigkeit sogar nachweislich im Wege.
Dass dies keine nur vordergründig billige Parole der Konkurrenz ist, belegt aktuell das Paragra- phen-Monster namens Antidiskriminierungsgesetz. Es lädt kleinen wie großen Betrieben, die Jahr um Jahr ohnehin mit immer neuen Vorschriften überfrachtet worden sind, wiederum zusätzliche teure Bürokratie- und Personallasten auf. Und das, wohlgemerkt, obwohl schon unser Grundgesetz jedwede Diskriminierung ganz eindeutig untersagt, so dass jeder Bürger eine gerichtliche Klage schon bisher jederzeit darauf stützen konnte.
Aus derlei Niederungen also dürften sich Gerhard Schröder und Joschka Fischer besonders gern zu der gestrigen Begegnung mit Jacques Chirac im lippischen Burghotel Blomberg eingefunden haben. Denn das verschafft immerhin ein bisschen Luft - und eine erbauliche Atempause in die- sen für Rot-Grün recht ungemütlichen Berliner Tagen.
Indes, Union und FDP sollten nicht zu früh frohlocken. Gerhard Schröder will mit aller Macht Ka- pitän der »Deutschland AG« bleiben. Dafür werden er und Joschka Fischer wie Löwen-Zwillinge kämpfen. Unter Garantie.

Artikel vom 08.03.2005