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Hackfleisch-Razzia in NRW

Ministerin ordnet Schwerpunktkontrollen bei allen Supermärkten an

Von Ernst-Wilhelm Pape
Düsseldorf/Minden (WB). Eine gute Nachricht für Verbraucher: Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) hat nach Manipulationen an Frischfleisch-Packungen Schwerpunktkontrollen in allen Supermärkten und Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäften angeordnet.

Per Rundverfügung wurden die Kreisveterinärämter gestern aufgefordert, mit zusätzlichem Personal alle Geschäfte zu überprüfen, in denen fertig abgepacktes Hackfleisch zum Kauf angeboten wird. Am Dienstag hatte Höhns grüne Amtskollegin, Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast, von den Bundesländern noch mehr Engagement für die Lebensmittel- und Veterinärkontrollen verlangt. »Ich habe den Eindruck, dass die Länder in diesem Kontrollbereich sparen«, bemängelte Künast.
Nach Angaben von NRW-Umweltministerin Höhn, die auch für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zuständig ist, dürfe es nicht vorkommen, dass Verbraucher betrogen würden und in gutem Glauben Fleisch kauften, das einfach umverpackt worden und mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum in den Handel gelangt sei.
In NRW würden jährlich 100 000 Lebensmittelproben genommen und analysiert. 2003 seien 2500 Proben von Frischfleisch untersucht worden. Dabei seien 76 Proben beanstandet worden. 2003 seien von 190 888 Lebensmittelbetrieben 95 642 kontrolliert worden. Die Lebensmittelkontrolleure seien dabei insgesamt 166 711 Mal vor Ort gewesen. Höhn: »Die Kontrolleure achten bei der Inspektion insbesondere auf sensible Lebensmittel wie Fleisch.«
Anlass für die Sonderkontrollen in Nordrhein-Westfalen sind Vorfälle in Filialen der Supermarktkette Real. Aufgrund von Aussagen eines Mitarbeiters waren zwei Filialen in Langenhagen und Laatzen bei Hannover von Staatsanwaltschaft, Polizei und Lebensmittelkontrolle durchsucht worden. Bei der Razzia waren Mitarbeiter auf frischer Tat ertappt worden, wie sie Frischfleisch, dessen Haltbarkeit abgelaufen war, neu verpackt, etikettiert und wieder zum Verkauf angeboten hatten. Nach der Aussage des Zeugen Peter N., der seit September 2003 bei der Supermarktkette angestellt war, sei dies regelmäßig geschehen. Auch in der Filiale Minden und einer weiteren Filiale in Südniedersachsen soll es diese kriminellen Machenschaften gegeben haben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg, Bernard Südbeck, dieser Zeitung. Der Zeuge habe selbst beim Umpacken geholfen und nun sein Gewissen erleichtern wollen.
Gegen neun Mitarbeiter der Supermarktkette, darunter zwei Fleischermeister, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung und das Lebensmittelgesetz. Real-Sprecherin Bettina Feldgen betonte, dass es sich nach den vorliegenden Erkenntnissen um das »persönliche Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter handelt«. In der Firmenzentrale in Mönchengladbach habe es keine Kenntnis der Vorgänge in den betroffenen Märkten gegeben.

Artikel vom 10.03.2005