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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Geht nicht gibt's nicht


Wenn's drauf ankommt, können Bielefelds Rathaus-Parteien die politischen Scheuklappen ablegen und gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Das haben sie bei der Hilfsaktion zur Oderflut 2002 gezeigt und zuletzt bei ihrer Kampagne »Bielefeld hilft« zugunsten der Tsunami-Opfer in Sri Lanka. Das verdient allen Respekt. Und das ist ganz ohne Ironie gemeint.
Aber warum gibt es eine gemeinsame Initiative nicht auch in der drängendsten Frage dieser Stadt, der Rekordarbeitslosigkeit? 27 012 Menschen waren im Februar in Bielefeld ohne Job, die Arbeitslosenquote hat mit 16,6 Prozent eine Höchstmarke erreicht.
Wo bleibt da der Aufschrei? Warum verabreden sich die Ratsmitglieder in dieser Situation nicht zum kollektiven Klinkenputzen bei den Personalchefs in den Unternehmen dieser Stadt, um an Jobs herauszuholen, was herauszuholen ist? Warum wird nicht weiter an den Rahmenbedingungen gefeilt, die die wirtschaftliche Betätigung in Bielefeld erleichtern? Die Geschichte der Firma aus Ummeln, die in dieser Woche Furore machte, ist wohl kein Einzelfall. Noch immer viel zu lange müssen Betriebe auf Baugenehmigungen warten. Will einer etwas investieren, darf er es noch nicht einmal.
Was ist aus den Initiativen für Jugendliche geworden? Und muss man sich nicht auch um die älteren Erwerbslosen kümmern, die mit gerade mal 50 Jahren schon zum alten Eisen gerechnet werden?
Wenn es schon den »Großen« in Berlin nicht so recht gelingen will, sich in dieser Lage zusammenzuraufen, dann könnte es doch wenigstens in einer Stadt wie Bielefeld passieren, wo die Strukturen leidlich überschaubar sind.
Vielleicht ist es die Angst vor der Wahrheit, die die Politiker zurückhält. 27 012 neue Jobs wird es in Bielefeld auch innerhalb vieler Jahre nicht geben können. Das ist wohl so. Aber jeder einzelne Arbeitsplatz, der zusätzlich durch welche Aktion auch immer geschaffen wird, ist ein Gewinn in dieser prekären Situation. Bielefelds Rathaus-Parteien haben gezeigt, dass sie gemeinsam etwas bewegen können. Auch bei der Suche nach neuen Jobs müsste deshalb gelten: Geht nicht gibt's nicht.

Artikel vom 05.03.2005