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Das Motiv drückt
Hoffnung aus

Deutsche Glaskunst in New York

Von Nadine Schwede
Taunusstein (dpa). Im kleinen Taunusstein bei Wiesbaden entsteht ein riesiges Fenster für die »Ground Zero Memorial Chapel«, die Gedächtniskapelle für die Opfer des 11. September 2001 in New York.

Glasmaler setzen die Idee des amerikanischen Künstlers Guy Kemper um, der sich bei einem Wettbewerb mit seinem Entwurf der sechs Meter langen und drei Meter breiten Kapellenfront durchgesetzt hatte.
Zwischen meterhohen Regalen mit aufgereihten farbigen Glasplatten, Farbproben und Modelierwerkzeugen haben Kemper und die Glasmalerin Henriette Derix das Werk aus 20 losen Scheiben auf einem riesigen Leuchttisch ausgebreitet. Rote Streifen laufen von den Seiten in der Mitte des unteren Bildrandes zusammen. Grüne und gelbe Töne sollen dazukommen. Noch findet der Künstler die Farbe zu kräftig. Mit einer Ätztechnik nimmt die Glasmalerin das Rot, mit dem die Scheiben eingefärbt und gebrannt wurden, täglich etwas ab, um einen zarteren Ton zu bekommen.
Die Streifen sollen den Einsturz der Twin-Towers darstellen, als Erinnerung an die Terrorangriffe vom 11. September. Für Kemper drückt das Motiv auch Hoffnung aus. »Ich sehe darin auch eine Blume, wenn auch eine traurige«, sagt er. In jedem noch so schlimmen Ereignis kann seiner Meinung nach auch etwas Gutes stecken. »Zum Beispiel, dass sich die Menschen seit den Anschlägen mehr umeinander kümmern«, meint der 46-Jährige aus Kentucky.
Wie bei vielen seiner Kunstwerke kam Kemper am Originalort auf die Idee für seinen Entwurf. »Ich setzte mich so lange in die Kapelle, bis mir die Räume ins Ohr flüsterten, wie es aussehen soll.« Im Mai wird die im Erdgeschoss eines Hochhauses nahe Ground Zero untergebrachte Gedächtniskapelle eröffnet. Sie ist den Terroropfern geweiht. Nach den Malarbeiten wird Kempers Team die Glasplatten mit Silikon auf sieben große Scheiben kleben und bruchsicher verpacken. Per Flugzeug reist das 30 000 Dollar teure Werk dann nach New York.
Kemper lässt die meisten seiner Ideen in den Glasstudios in Taunusstein umsetzen. Seit 25 Jahren entwirft er künstlerische Fenster für Kirchen, Privathäuser und Einkaufszentren. In Kürze soll auch eine Glaskonstruktion für den Flughafen Baltimore/Washington fertig werden. Taunusstein habe er sich ausgesucht, weil er dort die vielfältigsten technischen Möglichkeiten habe.

Artikel vom 05.03.2005