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Traum vom
kleinen Glück

Arbeitslosen-Tragikomödie »ost«

ZDF, 20.15 Uhr: »Der Film ist so bunt wie das Leben«, sagt Rainer Werner, Bürgermeister von Eisenhüttenstadt in Ostbrandenburg. Im voll besetzen Friedrich-Wolf-Theater lässt er sich die Voraufführung des ZDF-Streifens »Das Schwalbennest« nicht entgehen.

Als der Film im Sommer 2004 in der Stahlwerkerstadt und ihrer Umgebung gedreht wurde, versprachen die Künstler, ihr Werk vor der Ausstrahlung im Fernsehen am Drehort vorzustellen. Heute nun ist er im Zweiten zu sehen.
In tragikomischer Weise führt der Film einen Lebenstraum vor, der am Ende scheitert. Arbeitslos gewordene Stahlwerker suchen einen beruflichen Neuanfang, derweil ihre Frauen nichts ahnend in einem Versandhandel für Sexartikel arbeiten. Armin Stützler (Wolfgang Stumph) und seine Freunde »Bomber« (Jörg Schüttauf) und Ronny (Antonio Wannek) haben den Einfall, in einem maroden Haus eine »Erotikbar mit Niveau« einzurichten, das »Schwalbennest«. Die Männer sind von der »Superidee« überzeugt und lassen Bardamen aus Weißrussland anreisen.
Doch die drei sind keine geborenen Existenzgründer, das Geschäft kommt nicht in die Gänge: Es fehlt an zahlungskräftiger Kundschaft. Schnell wird klar, dass die Sache schief geht. Eine der drei Bardamen flieht ins nahe Berlin, die zweite verliebt sich, die dritte überlebt eine heimtückische Krankheit nicht und stirbt.
Regisseurin Maris Pfeiffer zeigt neben vielen witzigen Pointen auch traurige Szenen in dem 90-minütigen Streifen. Ein berührender Moment ist der kurze Dialog zwischen Bärbel (Steffi Kühnert) und Rita Stützler (Ulrike Krumbiegel). Eigentlich haben beide Frauen die Tristesse satt. Doch als sich Stützler eine berufliche Chance in Berlin bietet, ist die Freude eher verhalten. Die Frauen kämen in dem Film viel besser weg als die Männer, meinen etliche Zuschauer in Eisenhüttenstadt.
Ihr Bild von dieser Region habe sich durch die Dreharbeiten komplett gewandelt, sagt Regisseurin Pfeiffer. »Es war wunderbar. Wir haben wahnsinnig nette Menschen getroffen, Menschen mit großem Humor, viel Hoffnung, aber auch Enttäuschung.« Für Stumph ist die Botschaft klar: Trotz aller Sorgen und Probleme gibt es auch ein kleines Glück. Für ihn sei dies kein ostdeutscher Film, betont der Schauspieler. Er könnte genauso auch im Ruhrgebiet gedreht werden. »Arbeitslosigkeit gibt es auch dort.« In Eisenhüttenstadt liegt sie heute bei 20 Prozent. Die Einwohnerzahl sank von 51 000 im Jahr 1989 auf jetzt noch 35 000.

Artikel vom 07.03.2005