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Brillen-Schlangen bei Fielmann

500 000 Kunden haben die neue Versicherung abgeschlossen

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Die Brillenversicherung von Fielmann verkauft sich wie warme Semmeln. Seit Oktober wurden 500 000 Verträge in den mehr als 500 Filialen abgeschlossen.
Augenoptikerin Simone Henschel (32) zeigt in der Fielmann-Filiale am Bielefelder Jahnplatz die Versicherung, die all jenen Vorteile bietet, die auf eine Sehhilfe angewiesen sind. Foto: Carsten Borgmeier
»Das übertrifft unsere kühnsten Erwartungen«, sagte der Sprecher des Kooperationspartners HanseMerkur, Hans-Gerhard Wilkens, am Freitag dieser Zeitung: »Wir wären auch mit 100 000 Verträgen zum Ende des vergangenen Jahres zufrieden gewesen.« Für 10 Euro Beitrag im Jahr verspricht Fielmann »topmodische Brillen sofort nach Vertragsabschluss und dann alle zwei Jahre«. Weder für Fassung noch für die Gläser von Zeiss müsse etwas dazubezahlt werden. Außerdem sei die Brille gegen Bruch, Beschädigung und Sehstärkenveränderung versichert. Wer Brillen mit Mehrstärkengläsern wünscht, muss allerdings 50 Euro Versicherungsbeitrag aufbringen.
Wie attraktiv das günstige Angebot für diejenigen ist, die auf eine Brille angewiesen sind oder sich mehrfach auf ihre Sehhilfe gesetzt haben, zeigt die Zwischenbilanz von 500 000 Versicherungsverträgen. Die Zahl wird weiter steigen, weil 14 Millionen Deutsche Brillen von Fielmann tragen. »Der Preis rechnet sich nur über die Masse«, erklärte Hans-Gerhard Wilkens die Kalkulation der Geschäftspartner. Die HanseMerkur, wie Fielmann ein Hamburger Unternehmen, profitiert nicht zuletzt durch den steigenden Bekanntheitsgrad. »Für unsere Vermittler wird es leichter«, erhofft sich Wilkens mehr Verträge in den Sparten Kranken-, Lebens-, KFZ- und Reiseversicherungen.
Einen Wermutstropfen in den Freudenkelch der Brillenträger gießt der Bundesverband deutscher Augenoptiker in Braunschweig (bdao). Für 20 Euro Prämie könne es nicht alle zwei Jahre eine topmodische, qualitativ hochwertige Brille geben. »Das ist betriebswirtschaftlich gar nicht machbar«, sagte Horst Dauter vom bdao am Freitag dieser Zeitung. Er vermutet, dass die Mitarbeiter in den Fielmann-Filialen zuerst weniger schöne Brillen, abschätzig »Kassengestelle« genannt, als »topmodisch« präsentieren, dann aber mit dem Hinweis »Es gibt noch bessere« die Gestelle und Gläser empfehlen, für die der Kunde in die Tasche greifen muss.
Außerdem kalkuliere Fielmann mit dem »Wiederbeschaffungsrhythmus«. Im Regelfall legten sich die Menschen nur alle vier Jahre eine neue Brille zu, erklärte Dauter. Er sagt voraus, dass mancher Kunde die Chance, nach zwei Jahren eine neue zu bekommen, verstreichen lässt, was Fielmann und HanseMerkur zugute komme.
Brillenversicherungen gibt es schon länger. Auch Krane Optik aus Rheda-Wiedenbrück bietet eine an. Sie kostet 5 Euro im Jahr und kombiniert Geldzahlung im Schadensfall mit Selbstbehalt. Geht die Brille zu Bruch oder verloren, wird sie ersetzt. Krane zahlt dabei einen Anteil, der von der Höhe des Kaufpreises der Brille abhängt. Im Klartext: Wer sich eine teure Sehhilfe zulegt, für den lohnt sich die Versicherung. Krane Optik selbst will den Service nicht ausweiten. Sprecher Jürgen Rubbel: »Unser Kerngeschäft liegt nicht darin, Brillenversicherungen zu verkaufen.«
Neben den Fachketten bieten private Krankenversicherungen Policen für Brillenträger an. »Stiftung Warentest« hat sie Ende vergangenen Jahres unter die Lupe genommen. »Weil der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Gesundheitsreform zurückgefahren wurde, liegen Zusatz- und Ergänzungsversicherungen im Trend«, sagte Thomas Dambier von »Stiftung Warentest«. Für Brillen und Kontaktlinsen zahle die gesetzliche Kasse bei Erwachsenen mit Ausnahme der schwer Sehbehinderten nichts mehr. Bei Brillenversicherungen der Privaten rät Dambier zur Vorsicht und verweist auf das Beispiel Asstel und deren Tarif KENÜ. Zwar zahle Asstel alle zwei Jahre bis zu 180 Euro für Sehhilfen, aber im gleichen Zeitraum summiere sich der Beitrag für einen 33-jährigen Mann auf 192 Euro.

Artikel vom 05.03.2005