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Wandlungsfähig: Cornelie Isenbürger überzeugte unter anderem durch Natürlichkeit.

Der Himmel voller Ohrwürmer

Theater Bielefeld präsentierte eine Reise durch das Land der Operette

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). In der Umbauphase des Stadttheaters müssen Operetten-Liebhaber zwar auf eine vollständige Inszenierung verzichten. Das Theater Bielefeld hat aber keine Mühen gescheut, das Manko mit einer umfangreichen Operetten-Gala in der Oetkerhalle wieder wett zu machen.

Und so empfing den Zuschauer am Samstagabend eine perfekt eingerichtete und durchchoreografierte Show: Mit stimmungsvoller Beleuchtung, mit herrlichen Kleidern und Kostümen, mit sparsam, aber geschickt eingesetzten Requisiten, mit kleinen szenisch eingerichteten Duetten und nicht zuletzt mit einem Großaufgebot an beliebten Künstlern und Künstlerinnen aus dem Bielefelder Opernensemble. Unter der Mitwirkung des von Hagen Enke einstudierten Opernchores und des Philharmonischen Orchesters geriet die Reise ins Land der Operette zu einer durchweg runden Sache.
Wer indes in Erwartung ausschließlich bekannter Gassenhauer die Gala besuchte, sollte eines Besseren belehrt werden. Leichte Muse hin oder her - auf einen gewissen erzieherischen Anspruch mag das Theater Bielefeld nicht verzichten. Es nutzte daher die Gelegenheit, auch die weniger bekannten oder in Vergessenheit geratenen Melodien zu Gehör zu bringen.
Aber der Reihe nach. Mit der Ouvertüre von Richard Heubergers »Opernball« eröffnete das Orchester zwar schwungvoll. Kapellmeisterin Carolin Nordmeyer, seit Beginn der Spielzeit auch Assistentin des Generalmusikdirektors, lenkte hingegen mit Sinn für Zischentöne und changierende Stimmungsnuancen. Ein Charakteristikum, das dankenswerter Weise den gesamten Abend durchziehen sollte.
Als »Lustige Witwe« konnte man Melanie Kreuter bereits auf dem Bühne des Stadttheaters bewundern. Hier hinterließ sie nochmal im Vilja-Lied mit unvergleichlich zart timbrierten Sopran einen hingebungsvollen Eindruck. Aber auch als Madame Pompadour wusste sie im Duett mit Ulrich Neuweiler zu begeistern -Êzumal ihr die opulente Barocktracht hervorragend zu Gesicht stand. Mit Bravo-Rufen überschüttet verließ sie gar die Bühne nach »Meine Lippen, die küssen so heiß« aus Franz Lehárs »Giuditta«.
Cornelie Isenbürger stellte im Werkekanon einmal mehr ihre sängerische und schauspielerische Wandlungsfähigkeit:unter Beweis: Als kesse Turteltaube Viktoria im Verliebten-Duett mit Husar Lassi Partanen. Und ob mondän und tanzbegeistert im »kleinen Slowfox mit Mary« oder hingebungsvoll im »Himmel voller Geigen«-Duett mit Simeon Esper - stets wirkt die Sängerin auf der Bühne völlig natürlich und ausdrucksstark.
Mal strahlend (Strahlender Mond), mal zickig (Couplet des Bedauerns), mal kess und walzerselig (Ein Walzer muss es sein): Viktoria Granlund füllte jede Rolle blendend aus. Und Kaja Plessing war mal ganz vital und militärbegeistert (J'amie le militaire), mal beschwipst (Schwipslied) zu erleben.
Schwärmerisch, charmant: Simeon Esper im Angesicht von Emmerich Kálmáns »Zwei Mädchenaugen«. Energisch: Hans Griepentrog beim schwingen der Paukenschlegel im Orchestergraben. Und schon etwas angeheitert und beschwingt ging Peter Bording ins Maxim.
Bei 28 abwechslungsreichen Nummern verging der Abend wie im Fluge. Nicht zuletzt die großen Chor- und Ensemble-Stücke aus Johann Strauß' »Wiener Blut« und Offenbachs »Orpheus in der Unterwelt« rissen das Publikum mit. Und so wurde das großartige Ensemble auch erst nach zwei stürmisch geforderten Zugaben entlassen.
Wer's verpasst hat, hat noch Gelegenheit, die Operetten-Gala am 3 April, 15 Uhr, oder 5. Juni, 18 Uhr, in der Oetkerhalle zu besuchen. Karten sind unter der Telefonnummer 51 54 54 erhältlich.

Artikel vom 07.03.2005