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In der Falle
oder verrückt?

Prozess gegen Ex-Polizist Wüppesahl

Hamburg (WB/dpa). So schweigsam war er früher nicht. Mit Wortgewalt setzte sich Thomas Wüppesahl als Gründer der »Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten« und Ex-Grünen-Bundestagsabgeordneter gegen vermeintliche Missstände ein. Doch zum Auftakt seines Prozesses am Freitag in Hamburg hielt er sich zurück. Wüppesahl ist eines geplanten Raubmordes angeklagt. Er indes sieht sich als Mobbingopfer von Polizei und Justiz.

Erst nach der Anhörung des Hauptzeugen zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft werde sich der Angeklagte vor dem Landgericht äußern, kündigte Pflichtverteidiger Peter Wulf an.
Spektakulär klingen die Vorwürfe gegen Wüppesahl. Der 49 Jahre alte Kriminalbeamte wird beschuldigt, gemeinsam mit dem Zeugen in Berlin einen brutalen Überfall auf einen Geldtransporter und die Tötung des Geldboten per Genickschuss geplant zu haben. Wüppesahl habe zudem vorgehabt, dem Geldboten mit einem Fleischerbeil den Arm abzuhacken, um an den Geldkoffer zu gelangen. Denn dieser war stets mit einer Kette am Handgelenk des Boten fixiert.
Der Zeuge, ein Ex-Polizist und Freund des Angeklagten, war laut Staatsanwaltschaft zum Schein auf Wüppesahls Vorschlag eingegangen, hatte dann aber die Polizei eingeschaltet. Die Verteidiger des selbst ernannten »Querdenkers«, der bereits zahlreiche Prozesse geführt hat, äußerten Vorbehalte gegen den Zeugen. Dieser habe noch im Ermittlungsverfahren hartnäckig Einsicht in die Prozessakten gefordert. »Das spricht nie für einen Zeugen, der hat nicht die innere Unbefangenheit, einfach zu erzählen, was er erlebt hat«, sagte Rechtsanwalt Uwe Maeffert.
Sowohl Gericht als auch Staatsanwaltschaft hatten aber dem Zeugen, der am 14. März erstmals aussagen soll, die Akteneinsicht verweigert. Maeffert monierte zudem, dass am Freitag zwei Polizisten als Zuhörer vorne im Gerichtssaal Platz genommen hatten. Vor dem persönlichen Hintergrund des Angeklagten sei dies »stillos und fast eine Provokation«.
Wüppesahl selber bezeichnete den Prozess vorab in einem Brief als »haltlosen Spuk«. Auch Vertraute des 49-Jährigen äußerten Zweifel an den Vorwürfen. »Entweder ist er in eine Falle gelockt worden, oder er ist verrückt geworden. Davon gehe ich aber nicht aus«, sagte Alfred Fleissner, ein früherer Kollege Wüppesahls von der Beratungsstelle für Mobbingopfer »Klima« am Rande des Prozesses.
Wüppesahl, der seit Ende Oktober in Untersuchungshaft sitzt, hatte den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge den Überfall in einem Berliner Einkaufszentrum geplant. Als Beute hätten mindestens 400 000 Euro gelockt. Sein als Komplize gedachter Freund habe ihm die Tatwaffen besorgt. Bei der Übergabe der Waffen wurde Wüppesahl dann in der Wohnung des Freundes festgenommen.

Artikel vom 05.03.2005