Von Jens Heinze Bielefeld (WB). Geiselnahme, Bedrohung, Raubüberfall: Ein 19-Jähriger aus Bielefeld wird wohl für längere Zeit hinter Gittern verschwinden. Der mit einer Pistole bewaffnete Türke Nevaf S. war von Grenzschützern am Dortmunder Bahnhof gefasst worden, nachdem der Drogensüchtige in Hagen eine Lottoannahmestelle überfallen und bei der Flucht eine 19-Jährige und einen 30-Jährigen als Geiseln genommen hatte.
Was sich am vergangenen Mittwoch im Hagener Ortsteil Haspe und im benachbarten Gevelsberg abspielte, hätte als Vorlage für einen wüsten Actionfilm dienen können. Gegen 15.25 Uhr war der mit einer Gaspistole bewaffnete Türke ins Lotto-Toto-Geschäft in Hagen-Haspe gestürmt, hatte die beiden Angestellten bedroht und 970 Euro Bargeld sowie einen Scheck über 104 Euro erbeutet. Bei der folgenden Flucht geriet der kokainabhängige Mann mit Wohnsitz in der Bielefelder Innenstadt schnell ins Visier der Polizei. Um die Ordnungshüter zu stoppen, stürmte Nevaf S. in eine S-Bahn, griff sich eine 19-Jährige und hielt der jungen Frau seine Pistole an den Kopf. Nachdem die Polizei sich zurückgezogen hatte, zwang der Kidnapper sein Opfer aus dem Zug und flüchtete mit ihm über die Gleise. Kurze Zeit später ließ der Bielefelder die Frau laufen, um sich in Hagen sofort eine neue Geisel zu suchen. Auf dem Gelände eines Möbelhauses zwang der Türke einen 30-Jährigen, ihn mit seinem VW Polo zur Sparkassenzentrale ins benachbarte Gevelsberg zu fahren. Dort musste der Mann 500 Euro aus einem EC-Automaten ziehen. Mit dem Geld und der Beute aus dem Lottogeschäft flüchtete Neval S. in unbekannte Richtung. Während die Polizei das Gebiet weiträumig absperrte und sogar per Hubschrauber nach ihm suchte, setzte sich der Bielefelder nach Dortmund ab. Am dortigen Bahnhof schließlich erkannten ihn Grenzschützer und nahmen den Mann, nach dem per Großaufgebot gefahndet wurde, am Mittwochabend fest. Am Donnerstag wurde Nevaf S. der Haftbefehl verkündet. Der 19-Jährige sitzt zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Hagen ein. Wie sein Bielefelder Rechtsanwalt Dr. Detlev Binder am Freitag auf Anfrage erklärte, werde sich sein Mandant aller Voraussicht nach hier in der Leineweberstadt vor dem Landgericht zu verantworten haben. Der Türke, der bereits im Mai vergangenen Jahres wegen eines Überfalls zu einem Jahr und zehn Monaten Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden war, habe sich wegen der jetzt begangenen Straftaten als Heranwachsender nach dem Jugendrecht nicht am Tatort Hagen, sondern an seinem Wohnort Bielefeld zu verantworten. Allerdings bezweifelte Anwalt Binder, ob der drogensüchtige 19-Jährige bei dem Überfall vom vergangenen Mittwoch überhaupt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Das »vollkommen irrationale Verhalten« des Bielefelders deute darauf hin, dass er bei Raub und Geiselnahmen unter dem Einfluss von Rauschgift gestanden habe.
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