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»Ü 60«-Casting brachte
Sextett Engagement

»Vierpersonenstück - drei Schauspieler und ein Chor«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Sie fühlten sich von Anfang an aufgenommen wie Kollegen und Harald Herz, demnächst 75 und damit der Älteste des Sextetts, weiß schon jetzt: »Wenn der letzte Vorhang fällt, dann falle ich in ein tiefes Loch.« Das Sextett, das sind Bielefelder zwischen 67 und fast 75, die gemeinsam mit den Schauspielern Stefan Gohlke und Helmuth Westhausser (Chorführer), in der Uraufführung von »Kalka« als Sprechchor in antiker Tradition auftreten. Und Freude daran haben.

Regisseurin Olga Wildgruber hat die sechs - neben Harald Herz sind das Henriette Kassing, Ingeborg Vollmer, Friedhelm Kimpel, Alfred Koehler und Rolf Winkelhage - ausgewählt. Aus 35 Bewerbern, die sich auf eine Zeitungsanzeige gemeldet hatten. Ingeborg Vollmer, die von 1963 bis 1982 im Extrachor des Theater Bielefeld gesungen hat, fand es schön, dass »ausnahmsweise einmal ältere Menschen gesucht wurden«. Henriette Kassing (Extrachor bis 1959) hatte erst umkehren wollen, als sie beim Vorstellungstermin »das Gedrängel« sah, um sich dann umso mehr zu freuen, »als ich dann Bescheid bekommen habe, dass ich dabei bin«. Rolf Winkelhage, auch im »Kleinen Theater« aktiv, Alfred Koehler, früher Chormitglied und Inspizient, und Friedhelm Kimpel hatten anfangs Zweifel, »ob wir das auch packen«, Harald Herz, der sich von seiner Frau überreden ließ, überhaupt im Theater anzurufen, wollte sogar komplett aufgeben, als er sich ans Textlernen gemacht hatte: »Die Texte sind nämlich wirklich schwierig.«
Das Schwierigste überhaupt, so erklärt Regisseurin Olga Wildgruber, sei es, dass alle gemeinsam sprechen, jeden Einsatz, jede Pause gemeinsam treffen müssten: »'Kalka' ist ein Vierpersonenstück - drei Schauspieler und der Chor.«
Alle sechs würde es interessieren, warum Olga Wildgruber gerade sie ausgesucht hat, aber das verrät die Regisseurin nicht. Koehler: »Als ich die Anzeige las, dachte ich, dort würden Statisten gesucht, aber es ist doch sehr anspruchsvoll.« Koehler nennt die inzwischen fünf Probenwochen und dann die zehn Vorstellungen, die geplant sind, »ein schönes Stück Leben«. Und alle sind in einem einer Meinung: »Wir sind ein gutes Team.« Dass sie noch einmal vom Theater benötigt werden könnten, daran glaubt keiner von ihnen. Harald Herz: »Das war wohl ein einmaliger Ausflug.«
»Kalka« von Kerstin Hensel (Premiere: 11. März im Theater am Alten Markt) kommt in 18 Bildern auf die Bühne - in elf davon ist der Chor dabei. Noch gibt es kein Lampenfieber, versichert das Sextett. Henriette Kassing. »Wir sind ganz locker.« Friedhelm Kimpel meint allerdings: »Wer weiß, wie es am Premierentag ist. . .«

Artikel vom 05.03.2005