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Weniger Diebe, mehr Betrüger

Polizeipräsident Erwin Südfeld stellt die Kriminalitätsstatistik 2004 vor

Von Michael Schläger
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Die Zahl der Straftaten in Bielefeld ist im vergangenen Jahr auf 27 619 angestiegen - die höchste Zahl seit 20 Jahren. Die Steigerung betrug 1,3 Prozent gegenüber 2003. Gleichzeitig konnten aber auch deutlich mehr Taten aufgeklärt werden. Die Quote liegt jetzt bei 53,2 Prozent nach 50 Prozent im Jahr 2003.

Polizeipräsident Erwin Südfeld stellte gestern die Jahresbilanz 2004 der Kriminalitätsbekämpfer vor. »Die Kriminalität verändert ihr Gesicht«, sagte Südfeld. »Während die Straßenkriminalität abnimmt, steigen die ÝHinterzimmerdelikteÜ deutlich an.« Ungeschminkte Gewalt auf der Straße verunsichere Menschen mehr als der »heimliche Betrug« auf dem Konto. Die Polizei versuche dieser Entwicklung mit verstärkter Präsenz, mit Zivilfahndern und Streifen zu begegnen. Das Ergebnis: 2004 sank die Zahl der »Straftaten im öffentlichen Raum« um 411 Fälle (fünf Prozent).
Den weitaus größten Anteil der Straftaten machten Diebstähle aus. Registriert wurden 13 126 Fälle, 47,5 Prozent des Gesamtaufkommens. Allerdings ein sehr niedriger Wert. »In den 90er Jahren waren noch zwei Drittel aller Delikte Diebstähle«, erläuterte Südfeld.
Innerhalb dieser Kategorie wurden deutlich weniger Geschäftseinbrüche (minus 52,6 Prozent), aber erheblich mehr Taschendiebstähle (plus 25,2 Prozent) begangen. 214 Autos wurden 2004 in Bielefeld gestohlen. Das sind 25 Prozent weniger als im Vorjahr.
Zur Gewaltkriminalität zählen Tötungsdelikte, Vergewaltigungen, Raubstraftaten, gefährliche und schwere Körperverletzungen, Menschenraub und Geiselnahme. Die Zahl solcher Fälle nahm im Vergleich zu 2003 um zwei Prozent auf 900 zu. Neun Tötungsdelikte gab es 2004 in Bielefeld, drei Mord- und sechs Totschlagsfälle, die allesamt aufgeklärt werden konnten. Verzeichnet wurden 49 Vergewaltigungen (plus neun).
Vermögens- und Fälschungsdelikte (Betrug, Urkundenfälschung) machten 2004 fast ein Fünftel der Gesamtkriminalität aus. Nach Polizeiangaben ein bisher nie erreichter hoher Wert. Südfeld: »Internet und EC-Karten bieten Ganoven neue Aktionsfelder.« Auch die Zahl der Schwarzfahrer in Bussen und Bahnen habe sich mehr als verdoppelt (plus 577 Fälle). Hintergrund: Einzelne Verkehrsunternehmen zeigen inzwischen jeden Fall an. Das sei maßgeblich für die Steigerung der Gesamtkriminalität verantwortlich, sagte Südfeld. Aber auch für die höhere Aufklärungsquote - ein angezeigter Schwarzfahrer sei schließlich auch ein »ermittelter Täter«.
Immer häufiger mussten die Beamten auch in Fällen von Körperverletzung ermitteln. Allein die Zahl der schweren Körperverletzungen stieg um 66 auf 595. Eine der Ursachen für den Gesamtanstieg: In Fällen »häuslicher Gewalt« ist jetzt aufgrund gesetzlicher Änderungen stets eine Anzeige fällig.
Die Zahl der Rauschgiftdelikte hat sich in den vergangenen Jahren nur unwesentlich verändert, in der Gesamtzahl sind sie schon seit 1997 leicht rückläufig. Es gab 2004 fünf Drogentote. 2003 waren es noch elf. 250mal wurde wegen Besitzes von Cannabis ermittelt, 86mal wegen des Handels mit dem Rauschgift. Besitz und Handel von Heroin und Kokain riefen die Beamten 365mal auf den Plan. Die Beschaffungskriminalität verharrte auf hohem Niveau.
Der Anteil der ausländischen Straftäter lag 2003 bei 28,6 Prozent. Die leicht rückläufige Tendenz halte an, so Südfeld. Erstmals konnte der Polizeipräsident auch Erhebungen über den Anteil von Aussiedlern unter den Straftätern vorlegen. Danach stellten sie etwa 4,3 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen, bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern lag ihr Anteil allerdings überdurchschnittlich hoch bei 6,7 Prozent.
Trotz anhaltend steigender Kriminalitätszahlen: Nach wie vor darf sich Bielefeld wohl als sicherste Großstadt in Nordrhein-Westfalen bezeichnen. Die »Kriminalitätshäufigkeitszahl«, die Zahl der Straftaten je 100 000 Einwohner, lag in der Teuto-Stadt im vergangenen Jahr bei 8409. Zum Vergleich: Köln kam auf einen Wert von 14 307, Münster auf 10 538, Bonn auf 9931 und Wuppertal auf 8499.

Artikel vom 04.03.2005