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Bayern kann kommen

Schalke in Bochum: Nach dem Sieg ist vor dem Spiel

Von Klaus Lükewille
Bochum (WB). Rosarote Zeiten für Königsblau, denn die Fans sangen: »Die Nummer 1 im Pott sind wir!« Wer sonst? Und daran wird sich auch in der laufenden Saison nichts mehr ändern. Nach Spieltag 24 liegt der FC Schalke 04 mit 18 Punkte vor Borussia Dortmund und 31 Zähler vor dem VfL Bochum.

Aber dieser regionale Spitzenplatz reicht den Schalkern schon lange nicht mehr. Sie wollen auch die Nummer 1 in Deutschland werden - und sind ganz dicht dran. Schon am kommenden Sonntag können sie den Gipfel erstürmen. Ein Heimsieg in der Arena gegen den FC Bayern München, und der neue Tabellenführer heißt FC Schalke 04.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Selten war diese alte Fußball-Weisheit von Sepp Herberger so wahr wie am Samstag im Bochumer Ruhrstadion. Das souveräne und ungefährdete 2:0 gegen den Abstiegskandidaten war schon Minuten später abgehakt, alle dachten oder redeten sie nur noch von den nächsten 90 Minuten.
»Wir sind gut drauf, die Bayern sind gut drauf. Das wird ein Traumspiel«, freute sich Mittelstürmer Ebbe Sand. Und Torwart Frank Rost stellte selbstbewusst fest: »Die Münchener haben in der Arena noch nie gewonnen, das wird auch am Sonntag so bleiben.«
Bayern kann kommen, Schalke ist bereit. Nur der Manager musste unbedingt mal wieder aus der Reihe tanzen und wollte witzig sein. Rudi Assauer tat so, als wenn er diesem Hit nicht auch schon entgegen fiebern würde: »Es geht nur gegen die Bayern. Das ist kein besonderes Spiel.«
Gelacht hat darüber keiner, die Liga-Lage ist ernst genug. Entschlossen die Mienen, eiskalt der Blick, wenn sie von diesem Duell reden. Abwehrchef Bordon weiß: »Wenn wir sie putzen, wäre es ein wichtiger Schritt in Richtung Meisterschaft.«
Vom Titel redet der Trainer lieber noch nicht. Ralf Rangnick, der mit Schalke immerhin 44 von 54 möglichen Punkte buchen konnte, verordnete seiner Auswahl stattdessen zwei freie Tage. Erst am Dienstag rollt auf Schalke wieder der Ball, dann will auch der Coach den nächsten Gegner ins Visier nehmen. Aber so richtig.
»Ehrlich, ich habe bisher noch nicht an das Spiel gegen die Bayern gedacht«, sagte Rangnick nach dem leicht herausgespielten Sieg in Bochum. Dann trat er den Kurzurlaub zur Familie ins schwäbische Backnang an. Vorher hatte er aber natürlich noch registriert, dass dem großen Rivalen am Sonntag der wichtigste Torschütze fehlen wird: »Pech für die Bayern. Der Roy Makaay fällt verletzt aus. Aber die haben ja genug Alternativen im Angriff.«
Wie Schalke. Dann da »rauscht« es im Sturm. Mike Hanke, der im Doppel-Duell gegen Hannover 96 zwei Mal entscheidende Tore erzielte, war im Ruhrstadion beim Anpfiff nur zweite Wahl. Der Trainer setzte wieder auf das eingespielte Trio Asamoah, Ailton und Sand. »Ich habe Mike die Situation erklärt, er ist mir natürlich nicht um den Hals gefallen«, schilderte Rangnick die Aussprache im Hotelzimmer. Hanke war sauer, will sich aber weiter anbieten: »Ich lasse mich nicht hängen. Ich kämpfe um einen Stammplatz.«
Den beansprucht Ailton für sich. Immer. In der Pokalpartie gegen Hannover brummte er beleidigt auf der Bank, gegen Bochum schoss er jetzt sein 100. Liga-Tor. Und was für ein tolles Ding. Typisch Ailton. Denn Selbstzweifel haben den Brasilianer noch nie geplagt. Auf die Frage, ob für ihn denn klar gewesen sei, dass er im Ruhrstadion auflaufen würde, sagte er nur ein Wort: »Klar.«
Alles klar? Aber ja. Denn solche Spieler, die fest an sich glauben, braucht der FC Schalke 04. Dann könnte der Titeltraum endlich mal wieder Wirklichkeit werden.

Artikel vom 07.03.2005