07.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Der Ersatzmann als Matchwinner

Daviscup: Schüttler holt dritten Punkt

Johannesburg (dpa). Souverän hat ausgerechnet »Ersatzmann« Rainer Schüttler die deutsche Daviscup-Mannschaft vor dem Absturz ins Tennis-Niemandsland bewahrt.

Mit seinem couragierten Auftritt machte der Kiefer-Vertreter gestern beim 6:1, 6:2, 6:4 gegen Altmeister Wayne Ferreira die Fünfsatz-Pleite von Thomas Haas gegen Wesley Moodie wett und schaffte im letzten Match der Zitterpartie gegen Südafrika das erlösende 3:2. In der dünnen Luft von Johannesburg war Haas zuvor dem sensationell aufschlagenden »Herrn der Asse« nach 3:26 Stunden Kampf mit 7:6 (7:5), 2:6, 6:4, 3:6, 8:10 unterlegen und verweigerte danach jeden Kommentar.
Trotz der wie schon im September in der Slowakei enttäuschenden Vorstellung, die die Olympia-Zweiten Kiefer/Schüttler tags zuvor im mit einem 3:6, 6:7 (4:7), 5:7 gegen Jeff Coetzee/Wesley Moodie eingeleitet hatten, schaffte das Team von Patrik Kühnen den Einzug in die Relegationsrunde. Im Kampf um die Rückkehr in die Weltgruppe warten vom 23. bis 25. September nun Gegner wie Spanien, Chile oder die Schweiz. Die Auslosung erfolgt am 3. Mai.
»Ich wünsche mir, dass wir ein Heimspiel haben. Wir haben jetzt eine große Chance auf den Aufstieg«, sagte Kühnen, der ein paar Bier in die Kabine bestellt hatte, um den schwer erkämpften Sieg zu feiern. Der Kapitän hob die Leistung von Rainer Schüttler hervor: »Er hat dem deutschen Tennis einen großen Dienst erwiesen.« Schüttler merkte man die Erleichterung an. »Der Druck war groß und ich sehr nervös. Deshalb bin ich glücklich, dass ich ganz gut gespielt habe«, sagte der 28 Jahre alte Matchwinner.
Kühnen wartete vor dem abschließenden Nervenspiel mit einer Überraschung auf. Der erschöpfte Kiefer blieb auf der Bank sitzen. Weil er sich nach dem Fünfsatz-Sieg gegen Moodie am Freitag und der Doppel-Niederlage am Samstag nicht mehr richtig frisch fühlte, hatte er seinem Athen-Partner Schüttler schon am Abend zuvor den Vortritt gelassen, obwohl der im Doppel keine gute Figur abgegeben hatte. Doch der Kämpfer aus Korbach ließ sich davon nicht beeindrucken und zeigte dem nach fünf Monaten vom Tennis-Altenteil zurückgekehrten Ferreira in 1:42 Stunden die Grenzen auf. »Das war der wichtigste Sieg in seiner jungen Daviscup-Karriere«, lobte Boris Becker.
Einen Sieg hatte sich auch Haas vorgenommen. Doch dem leichten Auftakterfolg gegen Ferreira folgte im Match gegen Moodie eine ganz harte Nuss. Hammerharte Aufschläge wie am Fließband zermürbten den Wahl-Amerikaner, der erst die dritte Niederlage im Daviscup hinnehmen musste. Einer starken Phase ließ er prompt eine schwächere folgen und baute seinen von 1500 Zuschauern in der Ellis-Park-Halle enthusiastisch angefeuerten Kontrahenten auf. Auch nach insgesamt zehn Stunden auf dem Hartplatz wurde der 1,95-m-Hühne nicht müde. »Der Daviscup hat seine eigenen Gesetze, da werden die normalsten Spieler zu Superstars«, sagte Becker über Moodie, der mit den schwierigen Bedingungen im 1800 m hoch gelegenen Johannesburg exzellent zurecht kam.
Dicke Luft hatte es nach der Doppel-Niederlage gegeben, die Kiefer flapsig als »keinen Weltuntergang« bezeichnete. Ohne Kampf und Inspiration bestand für das planlos wirkende Duo nie eine reelle Chance zum Sieg. »Ich war einfach schlecht. Sein Aufschlagspiel mit zwei Doppelfehlern abzugeben, darf nicht passieren«, sagte Schüttler.

Artikel vom 07.03.2005