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Appell zur Zusammenarbeit

Union wirbt mit »Zehn-Punkte-Pakt« gegen die Arbeitslosigkeit

Berlin (dpa). Mit einem Appell zur Zusammenarbeit im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hat die Union gestern den Druck auf die rot-grüne Bundesregierung erhöht.

Die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, warben in einem offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für einen »Zehn-Punkte-Pakt für Deutschland« und sicherten für ein etwaiges Gesetzgebungsverfahren »faire und konstruktive Beratungen« zu.
Bei SPD und Grünen stieß der Vorschlag auf harsche Ablehnung. SPD-Chef Franz Müntefering wertete das Angebot zur Zusammenarbeit als »Zeichen von Verlogenheit und moralischer Verkommenheit«. Die rot-grüne Regierung will dagegen Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit ausloten.
Regierung und Opposition seien einig in dem Ziel, den jetzt erreichten Zustand der Massenarbeitslosigkeit nicht hinzunehmen, heißt es in dem Brief, der gestern im Kanzleramt einging. »Was uns zur Zeit aber zu trennen scheint, ist die Antwort auf die Frage, was jetzt getan werden kann und was getan werden muss.«
In ihrem Zehn-Punkte-Plan fordert die Union unter anderem gesetzliche Grundlagen für mehr betriebliche Bündnisse, eine Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 1,5 Prozentpunkte und Möglichkeiten für eine befristete untertarifliche Beschäftigung.
Müntefering kritisierte, die Union habe die Arbeitsmarktreformen mit beschlossen - »und jetzt schlagen die sich in die Büsche«. Er habe kein Verständnis, dass CDU/CSU für Zusammenarbeit plädierten, nachdem CSU-Generalsekretär Markus Söder kurz zuvor behauptet habe, Schröder sei mitverantwortlich für Verbrechen an Kindern. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter warf der Union vor, sie weiche in »Diffamierungen und Verleumdungen« aus, anstatt beim Subventionsabbau der Streichung der Eigenheimzulage mitzuwirken.
Ähnlich äußerte sich Grünen-Chef Reinhard Bütikofer, der den »Pakt für Deutschland« als unredlich bezeichnete. Die Union fordere die Senkung von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen, ohne anzudeuten, wie die dann entstehende Milliardenlücke geschlossen werden könne. Die Grünen-Vizefraktionschefin Thea Dückert bezeichnete den Pakt als »Placebo mit negativen Nebenwirkungen«.
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, kritisierte die Haltung von Rot-Grün. Es gebe dringenden Handlungsbedarf. »Es ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit, wenn die SPD in dieser Situation die ökonomisch wohl begründeten Vorschläge von CDU und CSU zurückweist.«
Auch FDP-Chef Guido Westerwelle spricht sich für eine überparteiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit aus. Die rot-grüne Bundesregierung sei mit ihrer Politik gescheitert und dürfe sich einem solchen »überparteilichen Bündnis der Vernunft« nicht verschließen, sagte der Chef der Liberalen gestern in Düsseldorf. Die »Arroganz der Macht«, alle Vorschläge aus der Opposition reflexartig abzuweisen, sei in dieser Situation ein schlechter Ratgeber. Vom Bundeskanzler forderte Westerwelle, in der kommenden Woche im Parlament einen »Bericht zur Lage der Nation« abzugeben.
IG-Metall-Chef Jürgen Peters erklärte, bei dem von CDU/CSU vorgeschlagenen »Pakt für Deutschland« handele es sich in Wahrheit um einen Pakt gegen die Arbeitnehmer.
Vize-Regierungssprecher Thomas Steg erklärte gestern, grundsätzlich begrüße Schröder die angekündigte Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Man werde sehen, ob diesem Willen die ernsthafte Bereitschaft zur Kooperation zugrunde liege oder ob es sich um übliche ritualisierte parteitaktische Schuldzuweisungen handle.
Forderungen nach einer Neuauflage des früheren »Bündnisses für Arbeit« wies der Regierungssprecher als wenig sinnvoll zurück. Weder die Wirtschaft noch die Gewerkschaften seien in dieser Konstellation bereit gewesen, über ihren Schatten zu springen.

Artikel vom 03.03.2005