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Leitartikel
Schröder braucht Aufträge

Nach den Jobs richtige Arbeit jetzt


Von Reinhard Brockmann
Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgerechnet zur Bekanntgabe eines neuen historischen Höchststandes bei den Arbeitslosenzahlen eine Woche lang durch die Paläste der Ölscheichs tourt. Er hätte auch, wie eben noch Joschka Fischer, nach Neuseeland abtauchen können - die Nachrichten von großer Sorge bis Aufruhr in der Heimat hätten ihn selbst dort eingeholt.
Der Kanzler weiß das natürlich und kann in der neuen Debatte zur (Not-)Lage der Nation nur mit einem Beitrag bestehen: Er muss mit möglichst dicken Auftragsbüchern nach Deutschland zurückkehren.
Folglich lässt der Handlungsreisende aus Berlin derzeit am Golf keine Gelegenheit aus, um für deutsche Produkte zu werben und die Scheichs zum finanziellen Engagement in Deutschland zu bewegen. Wir wollen ihm nicht ankreiden, dass der ganz große Symbolauftrag bis jetzt noch ausgeblieben ist, dafür ist es zu früh. Aber die Einladung zum Investment hierzulande ist kaum geeignet, Deutschlands drängendstes Problem kurzfristig abzumildern.
Das Emirat Kuwait hat seit 1974 einen Teil seiner/unserer Petro-Dollars nach Deutschland gepumpt. Nicht vergessen ist der Versuch, Daimler komplett zu übernehmen. Damals verhinderte das noch die Deutsche Bank - auch zur vollsten Zufriedenheit der SPD. Schröder kennt beide Seiten der Medaille aber auch aus seiner Fürsorge für VW. Dort wollten die Vereinigten Arabischen Emirate groß einsteigen. Es war ihnen am Ende zu teuer.
Als Speckseite für die politische Beurteilung der Reise auf dem deutschen Meinungsmarkt muss einmal mehr der Transrapid herhalten. Mehr als eine Gegeneinladung nach Deutschland ist in der Sache allerdings noch nicht herausgekommen.
Und wenn die Gäste aus dem Morgenland eines Tages hier sind, wird es sich erneut rächen, dass die Zukunftstechnologie in China verkehrt, aber nicht Köln, Bielefeld und Berlin bedient. Was mit einer Referenzstrecke möglich wäre, zeigt übrigens der Verkauf von 60 ICE-Zügen an Russland zum Gegenwert von 1,5 Milliarden Euro. Schröder und Putin waren neulich einmal kurz zugestiegen...
Während der Kanzler also weiter Aufträge einholt, reden hierzulande Leute aus dem zweiten Glied, wie Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter, das Angebot zu einer Großen Koalition für Arbeit klein. Die brüske Zurückweisung des Merkel-Stoiber-Briefes gestern in irgend einem Frühstücksfernsehen sprach Bände.
Unions-Mitarbeit an Deutschlands Schicksalsaufgabe gibt es längst. CDU und CSU haben die Arbeitsmarktreform mitbeschlossen. Nur leise weisen sie darauf hin, was bei Hartz eins bis drei nicht klappt, und für die Zumutungen von Hartz vier halten auch Unionsleute tapfer den Kopf hin.
Aber die Opposition will mehr. Auf die Ersatzjobs sollen richtige Arbeitsplätze folgen. Schröder weiß, dass noch soviel Exportaufträge dafür nicht ausreichen.

Artikel vom 03.03.2005