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Merkels Rat an Rüttgers:
»Wer mobilisiert, gewinnt«

CDU-Fraktion in Klausur - Paus in den Landesvorstand

Von Reinhard Brockmann
Velen (WB). Dramatischer kann es für Rot-Grün in Düsseldorf kaum kommen: Mitten im Visa-Skandal um Schwarzarbeiter und Frauenhandel die neue Hiobsbotschaft: 5,2 Millionen Arbeitslose - Nachkriegsrekord! Steilvorlage für die Union. Doch reicht das, um Jürgen Rüttgers in NRW an die Macht zu bringen?
Angela Merkel stimmte die CDU-Landtagsfraktion mit Jürgen Rüttgers im Wasserschloss Velen, Kreis Borken, auf die Landtagswahl ein.
»Bloß keine vorzeitiges Hurra-Geschrei« schien Angela Merkel gestern im Münsterland vor der CDU-Landtagsfraktion sagen zu wollen. Sie drückte sich allerdings etwas kommoder aus, stand de facto aber mit beiden Beinen auf der Optimismus-Bremse.
Für die bevorstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kündigte sie, wie gehabt, große Anstrengungen zur Vorbereitung eines Regierungswechsel in Düsseldorf nach 39 Jahren SPD an. Sie selbst will sich nach Kräften engagieren. Unter anderem wird sie am 17. Mai, fünf Tage vor der Wahl, in Paderborn noch einmal für den Urnengang trommeln.
»Nordrhein-Westfalen wird unter seinen Möglichkeiten regiert«. Das Land müsse wieder nach vorne kommen, sagte sie vor der Presse im Wasserschloss von Velen (Kreis Borken).
Selbst in der Klausur hinter verschlossenen Türen und dicken Mauern gab sie sich kaum zuversichtlicher. Immer wieder unterstrich sie, was auf dem Spiel steht und dass vor dem 22. Mai um 18 Uhr nichts, aber auch gar nichts erreicht sei. Merkel: »Die Wahl wird über die Mobilisierung entschieden.« Will sagen: Wir haben es in der Hand, wir müssen uns nur entsprechend reinhängen.
Noch nie sei »die Wechseloption gemeinsam mit der FDP in NRW klarer« gewesen als jetzt: Zumindest diesen Satz wollten Sitzungsteilnehmer als Zeichen für Merkels verdeckten Optimismus deuten - wäre da nicht der Hinweis auf die FDP gewesen. Den Liberalen hatte nach allgemeiner Überzeugung in Schleswig-Holsten das entscheidende Deut an Kraft gefehlt.
Wie Merkel zeigte sich draußen vor dem Saal auch der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat, Jürgen Rüttgers, entschlossen zur Regierungsübernahme. Die CDU traue sich eine Verbesserung der desolaten Lage am Arbeitsmarkt zu, sagte er vor mehr Kameras als üblich. Er schlug den Abbau von Kohlesubventionen vor, um mit mehr Investitionsspielraum Aufträge für den Mittelstand auslösen zu können. Angesichts von Rekordständen nicht nur bei der Arbeitslosigkeit, sondern auch bei Firmenpleiten, müsse dringend eine Wende eingeleitet werden.
Beim Landesparteitag am Samstag in Bochum will die Union »ein starkes Signal an die Menschen in NRW senden«: Mit dem Programm für »Mehr Arbeit, Mehr Bildung, Mehr Sicherheit und Weniger Staat« soll Nordrhein-Westfalen wieder auf einen Spitzenplatz in Deutschland und Europa geführt werden. Zeitrahmen: Zehn Jahre.
Aus Ostwestfalen-Lippe kandidieren für den Landesvorstand neben Ursula Doppmeier aus dem Kreis Gütersloh (steht zur Wiederwahl) der Bundestagsabgeordnete Jürgen Herrmann aus dem Kreisverband Höxter und Heinz Paus. Der Paderborner Bürgermeister gehörte dem Landtag von 1980 bis 1999 an und ist heute erster Vizepräsident des Städte- und Gemeindebundes NRW.

Artikel vom 02.03.2005