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Unger holt Gold
mit Rekord

Kapplers Bronze dank Videobeweis

Madrid (dpa). Mit seinem Gold-Lauf hat »Schwabenpfeil« Tobias Unger den deutschen Leichtathleten nach dem verwirrenden Sandkastenspiel um Weitspringerin Bianca Kappler ein zweites Happy End beschert.

Der Olympia-Siebte vom LAZ Kornwestheim-Ludwigsburg gewann gestern bei der Hallen-EM in Madrid das 200-m-Finale in 20,53 Sekunden und verbesserte damit seinen vor zwei Wochen in Sindelfingen aufgestellten deutschen Rekord um 3/100.
Mit einem Titel und fünf Medaillen schnitt das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) etwas schlechter ab als vor drei Jahren in Wien (1/6). Mit ihrem 13. Hallen-Weltrekord glänzte Stabhochspringerin Irina Isinbajewa: Die Olympiasiegerin aus Russland sprang im ersten Anlauf über 4,90 m. Ihre alte Bestmarke (4,89) hatte nur zwei Wochen gehalten. Die Mainzerin Carolin Hingst kam mit persönlicher Bestleistung (4,65 m) auf Rang vier.
Unger drehte nach dem Gewinn der ersten EM-Medaille für einen deutschen Kurzsprinter seit neun Jahren jubelnd eine Ehrenrunde. Bereits Samstag hatten Stabhochspringer Tim Lobinger (Köln) und 400-m-Läufer Sebastian Gatzka (Frankfurt) je Bronze für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) erkämpft. Dazu kam gestern Bronze von Kirsten Bolm über 60 m Hürden (8,00 Sekunden). Von 36 deutschen Startern erreichten 21 ein Einzel-Finale.
»Ein starker Auftritt unseres jungen Teams. Das stimmt optimistisch«, sagte Präsident Clemens Prokop, der nach dem Olympia-Debakel von Athen viel Kritik hatte einstecken müssen. »Dass wir so auf die Jugend setzen, zahlt sich aus. Wir sind Richtung Peking 2008 auf dem richtigen Weg.« Auf dem Holzweg war dagegen 200-m-Sprinter Sebastian Ernst: Der Mitfavorit vom FC Schalke 04 wurde im Vorlauf wegen Verlassens der Bahn disqualifiziert.
Zur Lösung des Falls Kappler musste ausgerechnet der im Fußball verpönte Videobeweis bemüht werden - 16 Stunden nach dem Wettkampf hatte die 27-Jährige von der LG Rehlingen doch noch Bronze. Nach über dreistündiger Klausur entschied das dreiköpfige Schiedsgericht des Europäischen Leichtathletik-Verbandes zu Gunsten der Athletin. Die TV-Bilder zeigten: Kapplers sechster Sprung war zwar keinesfalls 6,96 m weit und Gold wert, lag aber im Medaillenbereich. Bronze muss sich die Olympia-Neunte mit der Rumänin Adina Anton teilen. »Das ist ein salomonisches Urteil, mit dem alle Betroffenen gut leben können«, meinte Prokop.
Lobinger wollte nach 1998 und 2002 unbedingt seinen dritten EM- Titel unterm Hallendach, doch trotz der Saisonbestleistung von 5,80 m kam der 32-Jährige nur auf Platz drei. »Zum Glück eine Medaille«, meinte der Hallenweltmeister von 2003. Lobinger musste sich in dem hochklassigen Finale nur dem mit der Jahresweltbestleistung von 5,90 m siegreichen Russen Igor Pawlow und Denis Jurschenko aus der Ukraine (5,85 m) geschlagen geben. Vierter wurde der nachnominierte Björn Otto (Uerdingen/Dormagen) vor Fabian Schulze vom LAZ Kornwestheim-Ludwigsburg (beide 5,70 m).
Bereits am Freitag hatte Siebenkampf-Olympiasiegerin Carolina Klüft (Schweden) bei ihrer Fünfkampf-Show den Hallenweltrekord nur um 43 Punkte verfehlt.

Artikel vom 07.03.2005