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Skandal um »ausgebüxten« Rydlewicz

Hansa Rostocks Sorgen reißen nicht ab: Ex-Armine vorläufig suspendiert

Von Werner Jöstingmeyer
Bielefeld (WB). Eine ganze Region zittert mit dem FC Hansa Rostock. Mit nur 14 Punkten auf dem Konto dümpelt der ostdeutsche Traditionsverein abgeschlagen am Ende der Bundesliga-Tabelle. Neun Punkte und eine Tordifferenz von 15 Treffern beträgt die Distanz zum rettenden Ufer. Nur die größten Optimisten glauben derzeit noch an eine Rettung der einst ruhmreichen »Kogge«.

Mitte November trennte sich der Klub von Trainer Juri Schlünz, der in 13 Partien nur acht Zähler sammeln konnte. Die peinliche 0:6-Heimniederlage gegen den Hamburger SV brachte das Faß zum Überlaufen. »Der Mannschaft fehlen echte Typen, die die Ärmel aufkrempeln und es mal richtig krachen lassen«, erkannte Nachfolger Jörg Berger.
Als Leitwolf wurde in der Winterpause u.a. der 33-jährige finnische Rekord-Nationalspieler Jari Litmanen verpflichtet, der einst mit Ajax Amsterdam Weltpokalsieger und Champions Leaque-Gewinner wurde. Aber auch er konnte Hansa Rostock bisher nicht in die Erfolgsspur führen. Nach nunmehr zehn Spielen und sechs Punkten unter seiner Regie gab der »vermeinliche Retter« Jörg Berger zu, dass er die Ausmaße seiner Mission unterschätzt hatte: »Ich habe es mir nicht so schwer vorgestellt. Ich dachte, irgendwann kriegen wir die Kurve. Aber die kriegt man nur, wenn man auch gewinnt«, bekannte er.
Zu den rein sportlichen Negativerlebnissen gesellten sich jüngst auch personelle Misstände. Nur eine Woche, nachdem der Verein Razundara Tjikuzu fristlos entließ, wurde auch Ex-Armine René Rydlewicz suspendiert. In Rostock war durchgesickert, dass der 31-jährige ehemalige Kapitän im Mai 2004 vor den Auswärtsspielen in Dortmund und Köln aus dem Mannschaftshotel ausgebüxt und erst morgens gegen sechs Uhr wieder zurückgekehrt war.
Zudem rangt sich eine Affäre wegen Schutzgelderpressung um Rydlewicz. Der Spieler soll sogar von Mitgliedern einer Mafia in das Rostocker Hafenbecken gestoßen worden sein.
Während sich der Spieler momentan auf offensichtliches Anraten seines Anwaltes zu den Vorwürfen nicht äußert, will Präsident Manfred Wimmer erst mal abwarten: »Rydlewicz bleibt so lange suspendiert, bis er eine schriftliche Erklärung für sein Verhalten abgegeben hat.«
Nach dem jüngsten 0:0 gegen Borussia Mönchengladbach in der Liga hofft Rostock jetzt über den Pokal in die Erfolgsspur zurück zu finden. Schließlich wurde der letzte Pflichtspielsieg im November 2004 durch ein 3:2 in der Verlängerung bei der LR Ahlen eben in diesem Wettbewerb eingefahren. Zuvor qualifizierte sich Hansa mit 2:1 bei der TSG Hoffenheim und durch ein glückliches 7:5 nach Elfmeterschießen beim 1. FC Köln. Um am Ende der Saison nicht auch noch ein finanzielles Desaster erleben zu müssen, das im Falle des Abstiegs auch die Lizenz für die 2. Liga in Frage stellt, ist ein Pokalsieg in Bielefeld beinahe schon überlebensnotwendig.
Die gesamte ostdeutsche Ostseeküste bangt um Hansa Rostock, zumal das Gros der Fans im Rostocker Umland beheimatet ist. »Sollte Hansa absteigen, stehen mindestens 1500 Arbeitsplätze auf dem Spiel«, verkündete unlängs die Marketingabteilung der Hansestadt Rostock. In Bielefeld kehren Verteidiger Uwe Möhrle und der für die Bundesliga gesperrte Rotsünder Marcus Allbäck in die Startelf zurück.

Artikel vom 01.03.2005