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Die hohe Rede-Kunst
Prominenten »aufs Maul geschaut« und dabei gelernt
Stellen Sie sich folgende Situation vor. Gerhard Schröder tritt ans Rednerpult und sagt: »Der Staat ist pleite. Wir können nichts mehr tun.« Der Kanzler hat das schon mehrmals verkündet, ohne außerordentliche Reaktionen hervorzurufen. Nur - und das ist der springende Punkt - mit anderen Worten.
Der Kommunikationsexperte Thomas Veszelits hat die rhetorischen Tricks zahlreicher Medienprofis unter die Lupe genommen. In seinem Buch »Aufs Maul geschaut! Die Sprache der Promis« zeigt er, wie jeder seinen Redestil finden kann.
Die gelungene Rede oder die perfekte Präsentation sind nicht nur im Berufsalltag, sondern in nahezu allen Lebensbereichen von großer Bedeutung. Zwar ist nicht jedem ein souveräner Auftritt in die Wiege gelegt worden, aber: Die Kunst der geschliffenen Worte kann erlernt werden. Das meint zumindest Thomas Veszelits und stellt die zehn Kommunikationstypen vor, die er bei der Beobachtung Prominenter entdeckt hat.
So macht der »Bomber« (Stefan Raab) alles platt. Der »Gutachter« (Joschka Fischer) kann zu allem seinen Senf dazugeben. Der »Prediger« (Reinhold Messner) erzählt zu jedem Thema eine persönliche Geschichte. Thomas Gottschalk ist der ideale »Moderator«. Der Typ »Richter« (Angela Merkel) spricht seinem Naturell gemäß in Urteilen, und aus Bundeskanzler Schröder spricht der »Klartexter«.
»Ego-Showman« (Dieter Bohlen) trumpft mit Frechheit auf, und der »Unterhalter« (Franz Beckenbauer) setzt sich durch, ohne inhaltlich überzeugen zu müssen. »Taktiker«, wie Jürgen E. Schrempp, sind geborene Schachspieler, und »Weichspüler« (Roland Koch) können eine Pleite einfach schönreden. Am Beispiel der Prominenten zeigt Veszelits, wie man in welcher Situation optimal Rede und Antwort stehen und gewiefteste Rhetoriker aushebeln kann.
Thomas Veszelits: »Aufs Maul Geschaut! Die Sprache der Promis, Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, 12,90 Euro.

Artikel vom 19.03.2005