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Perfektion vom ersten
bis zum letzten Ton

Der Motettenchor gab seine Visitenkarte ab


Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Das Wunder des Heils in Liedern und Gesängen zu verkünden, hat eine lange Tradition - in der Musikgeschichte wie in der kirchlichen Praxis. In einem vorösterlichen A-cappella-Konzert hat der Motettenchor unter der Leitung von Hartmut Ernst mit einem hörenswerten Querschnitt kirchenmusikalischer Passions- und Mariengesänge das Publikum in der Johanniskirche in seinen Bann gezogen.
Und das vom ersten bis zum letzten Ton, denn beweglich, artikulationsprägnant und ausgewogen in der Stimmbalance präsentierten sich die rund 40 Sänger und Sängerinnen ganz professionell und klangschön. Einnehmend deutungsstark in Orlando di Lassos »Prophetiae Sibyllarum«, das in rhythmisch wogender, gemessen-würdevoller Polyphonie wohlklingende Harmonie verströmte, ohne völlig auf dynamische und klangfarbliche Effekte zu verzichten. Ein »Ave Maria« von Igor Strawinsky kam zart, stellenweise fast gebetsartig über die Lippen. In »Unser Lieben Frauen Traum« aus Max Regers »Acht geistlichen Gesängen« entfaltet der Chor eine anmutend getragene Klangwelt, ehe er in der dritten Strophe zu akkordisch aufgetürmter Sechsstimmigkeit anhob und mittels effektvoller dynamischer Figuration den Erlösungsgedanken emphatisch zum Ausdruck brachte.
Am ausdrucksvollsten geriet ein »Salve Regina« für vier- bis zehnstimmigen Chor von Richard Dubra (1964). In lautmalerisch eindringlicher Deklamation entfaltet der Chor einen dicht gewebten Klangteppich, der trotz seiner Vielschichtigkeit eine enorme Transparenz aufwies. Klageimitationen erzeugten darüber hinaus obertonreiche Cluster von schwebender Anmutung.
Die eindrucksvolle Kostprobe vollendeten Gesangs ging mit den Marienliedern von Johannes Brahms zu Ende. Von volkstümlichem Ideal, teilweise strophisch geprägt, gerieten die Kunstlieder zu einem lyrisch romantischen Hörgenuss.
In der Mitte des Programms brillierten kristallhelle Frauenstimmen von der Orgeltribüne aus mit »Magnificat noni toni für Orgel« von Samuel Scheidt, alternierend mit Richard Gerke, der an der Orgel noch Johann Sebastian Bachs Choral »Meine Seele erhebt den Herrn« sowie ein »Ave Maria stella« von Marcel Dupré zum Besten gab. Gerke bewies dabei Ausdrucksstärke und Weitsicht hinsichtlich dramatischer Spannungsbögen und Registerfarben.
Alles in allem ein ausgewogenes und stimmungsvoll zusammengestelltes Programm, das mit großer Profession und Einfühlungsvermögen zu begeistern wusste.

Artikel vom 01.03.2005