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Schwerster Anschlag im Irak seit
dem Sturz Saddam Husseins

Weit mehr als 100 Tote in Hilla - Blair und Fischer verurteilen Terrorakt

Hilla (Reuters/dpa). Beim schwersten Bombenanschlag im Irak seit dem Sturz Saddam Husseins sind gestern in der Stadt Hilla südlich von Bagdad mindestens 115 Menschen getötet worden. Mehr als 130 wurden bei der Explosion einer Autobombe verletzt.
Rettungskräfte und Feuerwehrleute bemühten sich um die zahlreichen Verletzten. Auch viele Privatpersonen brachten Überlebende des Terroranschlags mit ihren Wagen in die Kliniken.Die Stadt Hilla liegt 95 Kilometer südlich von der Hauptstadt Bagdad.

In Medienberichten war sogar von bis zu 125 Toten und 200 Verletzten die Rede.
Ein Selbstmordattentäter hatte nach Angaben des Allgemeinen Krankenhauses von Hilla gegen 9.30 Uhr eine Autobombe im Stadtzentrum gezündet. Der Anschlag habe einer Klinik gegolten, in der sich irakische Polizeianwärter medizinisch untersuchen lassen wollten, sagte ein Polizeisprecher.
Die Klinik selbst sei durch eine Betonmauer geschützt. Da sie aber in einem belebten Marktviertel liege, seien zahlreiche Frauen und Kinder unter den Opfern, hieß es.
Das Stadtzentrum bot ein Bild des Grauens: Tote, Verletzte, eingestürzte Häusermauern und ausgebrannte Autos. Zahlreiche Helfer versuchten, die verletzten Menschen zu bergen. Ein Krankenhaussprecher erklärte, er rechne damit, dass die Zahl der Opfer weiter steige. Einige der Verletzten schwebten in Lebensgefahr. Das Krankenhaus sei mit Verletzten überfüllt.
Die Terrorgruppe des Jordaniers Abu Musab al-Sarkawi hat sich gestern Abend auf einer islamistischen Internetseite zu dem blutigen Anschlag in der irakischen Stadt Hilla mit mehr als 100 Toten bekannt. Ob die Bekennerbotschaft echt ist, war jedoch zunächst unklar.
Der irakische Übergangsregierungschef Ijad Allawi hatte zuvor im »Wall Street Journal« geschrieben, der Aufbau der irakischen Sicherheitskräfte mache Fortschritte. Noch sei Bagdad jedoch im Kampf gegen die Terroristen auf die Hilfe der Koalitionstruppen unter Führung der USA angewiesen. Hilla, die Hauptstadt der Provinz Babylon liegt etwa 95 Kilometer südlich von Bagdad und wird mehrheitlich von Schiiten bewohnt.
Der blutige Anschlag wurde international verurteilt. Der britische Premierminister Tony Blair sprach von einem Ekel erregenden Anschlag gegen unschuldige Menschen. Das britische Militär sei bereit, bei der Suche nach den Tätern zu helfen. Die Bundesregierung hat den »mörderischen Terroranschlag« im irakischen Hilla aufs Schärfste verurteilt.
Außenminister Joschka Fischer sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Fischer erinnerte daran, dass die Iraker erst vor einem Monat trotz massiver Einschüchterung ein neues Parlament gewählt und damit Terror, Fanatismus und Rechtlosigkeit eine Absage erteilt hätten.
»Das Ziel des heutigen Anschlags zeigt, worauf es die Terrorristen anlegen: Sie wollen einen politischen und wirtschaftlichen
Wiederaufbau des Irak verhindern«, erklärte er. Alle Staaten, insbesondere auch die unmittelbaren Nachbarn des Iraks seien aufgerufen, ihren Beitrag zur Stabilisierung des Landes zu leisten.
Seit dem Sturz Saddam Husseins hatte es mehrere Anschläge mit 100 oder mehr Toten gegeben. Jedoch waren bei keiner einzelnen Bombenexplosion so viele Menschen gestorben. Am 19. Dezember starben bei zwei Autobombenanschlägen in Kerbela und Nadschaf mehr als 100 Menschen.
Am 24. Juni waren bei einer gezielten Anschlagsserie vorwiegend auf Polizeistationen in Mossul, Ramadi, Falludscha, Bakuba und Bagdad etwa 100 Menschen getötet worden. Bei den bisher schwersten Anschlägen starben am 2. März in Bagdad und Kerbela 181 Menschen.

Artikel vom 01.03.2005