28.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Dortmunder, wie sie siegen und singen

3:0 gegen Mainz und endlich wieder ein schöner Fußball-Nachmittag im Westfalenstadion

Von Klaus Lükewille
Dortmund (WB). Wie reagiert eine Mannschaft auf eine 0:5-Packung in München? Am besten mit einem 5:0-Heimsieg im nächsten Spiel. Der war gegen den FSV Mainz 05 durchaus drin. Borussia Dortmund siegte »nur« mit 3:0, doch Trainer Bert van Marwijk genügte auch dieses Resultat: »Wir haben die richtige Antwort gegeben.«

Aber in Dortmund wird trotz dieses wichtigen Heimsieges selbstverständlich weiter nur eine Frage gestellt: Wie kann der Verein gerettet werden? Schon in den kommenden Tagen muss der Vorstand die nächste Bilanz auf den Tisch legen. Für das Geschäftsjahr 2004/2005 soll der Verlust 62,5 Millionen Euro betragen.
Außerdem belastet eine Strafanzeige aus München die Borussen. Den Vorwurf der Kursmanipulation wies Geschäftsführer Michael Meier erneut energisch zurück: »Das ist Rufmord. Ich weiß nicht, was wir gemacht haben sollen. Mein Eindruck ist: Da will sich eine Kanzlei aus Bayern auf unsere Kosten profilieren.«
An Profil hat in jedem Fall die Borussia-Mannschaft in der Rückrunde gewonnen. Kapitän Christian Wörns betrachtet das 0:5 von München inzwischen nur noch als »Betriebsunfall« und blickt endgültig nach oben: »So, mit 31 Punkten dürfen wir uns wohl neue Ziele setzen. Die Qualifikation für den UEFA-Cup ist keine Utopie.«
Auch die ständigen Hiobsbotschaften aus der Finanzetage regen die Spieler inzwischen nicht mehr sonderlich auf. Trainer Bert van Marwijk stellte nicht ohne einen Schuss Sarkasmus fest: »Meine Mannschaft hat ja inzwischen genug Erfahrungen mit diesen negativen Dingen machen müssen. Wir setzen das einfach positiv um.«
Wie gegen Mainz. Da konnte es schon zur Pause 4:0 stehen. Die Dortmunder gingen aber nur mit einem Tor Vorsprung in die Kabine, und legten später zwei Treffer nach. »Es hätten drei oder vier mehr sein können«, stellte van Marwijk fest, »aber was vor allem zählt: wir haben die Partie klar beherrscht und auch spielerisch überzeugt.« Das lag vor allem an Florian Kringe, der immer besser wird. Der junge Mann, der als Leihgabe beim 1. FC Köln eine sehr gute Lehre absolviert haben muss, steht jetzt in Dortmund vor dem Mittelfeld-Gesellenstück.
Erstmals in diesem Jahr war auch Tomas Rosicky von Beginn an mit dabei. Der Tscheche, zuletzt als Abkassierer hart kritisiert, zeigte in einige Szenen, wie wertvoll er für diese Mannschaft wieder werden kann.
Einer, den sie in Dortmund schon abgeschrieben hatten, zählt inzwischen zum unersetzlichen Stammpersonal. Lars Ricken bereitete die ersten beide Tore vor, den Schlusspunkt zum 3:0 setzte er selbst und bedankte sich anschließend beim Publikum: »Wie die Leute nach der Klatsche von München hinter uns gestanden haben, absolute Spitzenklasse.«
Ja, es war endlich mal wieder ein schöner Fußball-Samstag in Dortmund. Kein Protestmarsch, keine neuen roten Zahlen, keine Pfiffe - nur zufriedene Gesichter.
Sie siegen und sie singen.
Die lautstarke Premiere des Westfalenstadion-Chors, von der Fan-Abteilung initiiert und dirigiert: Alle standen auf und schmetterten gemeinsam das Vereinslied: »Wir stehen treu und fest zusammen, hipp, hurra, Borussia.« Das war genau in der 9. Minute. Ein Hinweis auf das Gründungsjahr: 2009 feiert der BVB seinen dreistelligen Geburtstag.
Später, als es 3:0 stand, brüllten sie von der Südtribüne den Durchhalte-Klassiker »Aber eins, aber eins, das bleibt bestehen, Borussia Dortmund wird nie untergehen« in Richtung Rasen. Ob das so kommt, wird am 14. März entschieden. Dann tagen die Molsiris-Fondzeichner, denen noch das Stadion gehört und die das letzte Wort haben: nur wenn sie zustimmen, geht der Sanierungsplan auf.
Und wenn nicht? Dann gibt es immer noch viele BVB-Fans, die weiter zu ihrem Verein stehen. Das transparente Treue-Signal flatterte im Schneeregen: »Egal was noch passiert, wir sind hier.«

Artikel vom 28.02.2005