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Lebensretter Löbe: Der Kapitän reagierte sofort.

SC Paderborns Kapitän Löbe rettet Daniel Cartus das Leben

Nach Zweikampf Zunge verschluckt - Spieler kritisieren Mannschaftsarzt

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Diese Bilder werden die Akteure des Fußball-Regionalligisten SC Paderborn wohl nie vergessen. Nach einem Zusammenprall mit seinem Gegenspieler verschluckte Daniel Cartus am Samstag seine Zunge, lag bewusstlos auf dem Elsener Kunstrasen und drohte zu ersticken.

Zwei Minuten vor der Pause des Testspiels zwischen dem SC Paderborn 07 und dem fränkischen Drittligisten SC Feucht (2:3) war Cartus in Höhe der Mittellinie von seinem Gegenspieler wahrscheinlich mit dem Knie am Hals getroffen worden. Der 26-Jährige blieb regungslos liegen und begann plötzlich am ganzen Körper zu zittern. Danach überschlugen sich die Ereignisse. Eine Spielertraube bildete sich um Cartus, Alexander Löbe erkannte wohl als Erster den Ernst der Lage, legte Cartus auf die Seite, zog seinem Teamkollegen die Zunge aus dem Rachen und rettete ihm damit das Leben.
»Nach dem Zusammenprall war ich völlig weg und habe nach Auskunft der Ärzte einen epileptischen Anfall bekommen. Ich bin froh, dass Alex so schnell reagiert hat«, kann sich der kurzzeitig bewusstlos gewesene Cartus an nichts mehr erinnern. Als »Lebensretter« fühlte sich Löbe aber nicht: »Ich habe nur das getan, was nötig war.«
Von einem herbeigerufenen Notarzt erhielt Cartus eine erste Infusion und wurde wenig später ins Paderborner »Johannesstift« gebracht. Dort wurde Cartus geröntgt und eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt. Auf eigenen Wunsch verließ »Carte« aber noch am Samstagabend das Krankenhaus und fuhr gestern zu seinen Söhnen Tim (5) und Joel (2) nach Düsseldorf.
Die Sekunden nach dem folgenschweren Zusammenprall von Cartus bleiben aber nicht ohne Folgen, denn noch auf dem Feld richteten Teile der geschockten Spieler (Torhüter Stephan Loboué hockte zur Pause weinend in der Kabine) heftige Vorwürfe in Richtung Mannschaftsarzt Dr. Janosz Masur. Nach Meinung der SCP-Kicker und anderer Augenzeugen soll der Mediziner die kritische Situation zunächst völlig falsch eingeschätzt und erst sehr spät reagiert haben.
Ein Vorwurf, den Dr. Masur im Gespräch mit dieser Zeitung bestreitet: »Ich war sofort bei Daniel, habe ihm den Kopf gehalten. Alexander Löbe hat ihm die Zunge herausgeholt, nach drei Sekunden war schon wieder alles in Ordnung.« Dass Cartus am ganzen Körper zitterte, erklärt der Unfallchirurg so: »Der Spieler war nassgeschwitzt und lag auf dem eiskalten Boden. Da ist so eine Reaktion des Körpers völlig normal.«
Paderborns Sportlicher Leiter Günther Rybarczyk will morgen mit den Spielern sprechen, warnt aber vor zu schnellen Urteilen. »Die Emotionen kochten sehr hoch. Da sollte man jetzt nichts überbewerten. Aber natürlich müssen wir der Sache intern aufarbeiten und besprechen.«
Wie immer diese »Aufarbeitung« auch ausgeht, einig waren sich in einem Punkt alle: Daniel Cartus hatte am Samstag riesiges Glück.

Artikel vom 28.02.2005