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Heftiger Streit um die Rolle des SSW

Machtpoker in Kiel geht weiter

Kiel/Berlin (dpa). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel haben sich massiv in den Machtpoker um die Regierungsbildung in Schleswig-Holstein eingeschaltet.

Schröder warf der Union schlechten Stil wegen ihrer Angriffe auf den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) vor. Merkel stellte das Recht der Minderheitenpartei in Frage, die Politik des ganzen Landes mitzubestimmen. Sie sprach sich für eine große Koalition aus. SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk verwahrte sich gegen die Forderung nach Neutralität: »Wir sind keine politischen Eunuchen.«
Die schleswig-holsteinische SPD-Spitze mit Ministerpräsidentin Heide Simonis will heute Landesvorstand und Fraktion über den Stand der Sondierungsgespräche informieren und danach über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Nach dem Beschluss des SSW, Verhandlungen über die Stützung einer rot-grünen Minderheitsregierung zu führen, erklärte die Union, sie werde die Gespräche mit dem SSW nicht fortsetzen.
Bundeskanzler Schröder sagte: »Dass die CDU den SSW jetzt zu erpressen versucht mit dem Hinweis, er habe die Fünf-Prozent-Hürde nicht übersprungen, ist ein reichlich merkwürdiger Stil - um es vorsichtig zu sagen.« Volker Beck (Grüne), kritisierte: »Die Angriffe der Union auf die dänische Minderheit in Deutschland und den SSW sind unanständig.«
CDU-Chefin Merkel erklärte: »Das Land braucht eine stabile Regierung«. Zugleich stellte sie das Recht des SSW in Frage, als Minderheitenpartei etwa die Schulpolitik des ganzen Landes zu bestimmen. Die dänische Minderheit habe das Recht, sich eigene Schulen zu organisieren. »Und es ist dann schon etwas komisch«, wenn durch den SSW »die Schulpolitik des gesamten Landes in eine ganz andere Richtung verkehrt« werde.
Vor Merkel hatte auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) den SSW davor gewarnt, eine CDU-geführte Landesregierung zu verhindern und sich zum Schiedsrichter aufzuschwingen. SSW-Spitzenkandidatin Spoorendonk sprach sich gegen eine Neutralität ihrer Partei aus: »Das können wir nicht. Damit legen wir unsere gesamte politische Arbeit für fünf Jahre auf Eis.«

Artikel vom 28.02.2005