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Leitartikel
Fischers sehr klare Worte

Gestammelt,
gedrechselt,
gewunden


Von Reinhard Brockmann
»I-c-h« hat der gesagt, den sie »Gottvater« nennen bei den Grünen, wo andere Größen als die eigenen Werte nichts gelten.
Bundesaußenminister Joschka Fischer, der Buddha-gleiche De-facto-Vorsitzende von »Bündnis `90/ Die Grünen«, hat persönliche Fehler eingeräumt! Welch großer Schritt für die Wahrheit.
Die dritte Salamischeibe in gut drei Wochen heischt nach unser aller höchsten Respekt, spricht doch der Vizekanzler der Bundesrepublik unter anderen Umständen längst nicht mit jedem. Und wie unendlich wertvoll die Grünen selbst das Schuldeingeständnis bewerten, war im Kölner Gürzenich, wo sonst Prinz Karneval regiert, zu beobachten. Backfischhafte Hüpfer von Landeschefin Britta Hasselmann, glühendes Strahlen der Bärbel Höhn und jungenhaftes Frohlocken Michael Vespers ließen deren Befreiung aus existenzieller Not erkennen.
Eine wichtige Etappe: In den Schoß der Landespartei musste der »Außergalaktische« erst einmal zurückkehren, bevor die Affäre weiter geklärt werden kann. Fischers Raumschiff hat auf der Erde angedockt. Wer genau hinhörte und hinsah, der bemerkte allerdings, dass ein gemeines grünes Männchen ziemlich unsicher den Boden der Tatsachen betrat. Er stammelte und stolperte, sagte an der entscheidenden Stelle, die die TV-Stationen jetzt tagelang senden werden, »nöcht« statt »nicht« und formulierte grammatikalisch katastrophale Satzhülsen ohne Punkt und Komma. Alles ist nachzulesen auf der Homepage der grünen Landespartei, die die lange angekündigte Befreiungsrede als Mitschrift sofort und ungeglättet ins Internet stellte.
Die große Rede, das gewogene Wort ohne Widerwort, muss nur auf Fragen antworten, die der Redner selbst stellt. Nicht auszudenken, wenn Fischer diese Sätze vor NRW-Genossen vom Schlage eines Harald Schartau und - sagen wir - Friedhelm Farthmann gedrechselt hätte. Der schlichte Kern »ich bin der Minister und verantwortlich« wäre nie und nimmer durchgegangen. Wofür, wenn nicht für das Handeln und Krisenmanagement seines Hauses, ist ein Minister sonst verantwortlich?
Indem Fischer seine Erlasse als Ursache des gesteigerten Visa-Missbrauchs anerkennt, bestätigt er im Großen, was die Opposition im mühsamen Kleinklein nachzuweisen versucht. Im »Zweifel für die Reisefreiheit« ist für Fischer selbst nach allen BKA-Erkenntnissen immer noch grüner Internationalismus pur und eine Art antifaschistisches Regierungshandeln in Höchstform. Kurzum: Er würde es wieder so tun.
Fischers Dilemma wird angesichts der eigenen Partei offensichtlich: Eine nachweisliche falsche und gefährliche Visa-Politik gehört zu den Kernbestandteilen des grünen Projektes. Eigentlich müsste Fischer etwas von sich weisen, das untrennbar mit ihm und seiner Partei verbunden ist. Heldenhaft laviert er sich durch.
Da ist er wieder: Joschka, der Gutmensch. Das grüne Ideal steht und fällt ganz allein mit ihm.

Artikel vom 28.02.2005