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»Speerspitze« Wagner fängt Bälle ab

Handball-Regionalliga: HSG Bielefeld trotzt TV Korschenbroich nach 23:29 noch ein 31:31 ab

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Stark angefangen, stark nachgelassen und ganz stark aufgehört - das reichte der HSG Bielefeld, um im Schlussspurt einen bösen Betriebsunfall abzuwenden. 31:31 (15:19) endete der Regionalliga-Abstiegskrimi gegen den TV Korschenbroich. Elf Minuten vor dem Abpfiff hieß es noch 23:29 gegen die Hausherren. Nach dem Spielverlauf mithin ein gewonnener Punkt - nicht so für Carl-Moritz Wagner. »Wir sind zu blöd. Ich bin enttäuscht«, schüttelte der entnervt seinen Lockenschopf.

So richtig glücklich wirkte hinterher kein HSG-er. Auch Trainer Heiko Holtmann (»Wir haben zwischen der fünften und 45. Minute nicht mehr so engagiert gespielt und nur gewartet, was die machen«) ärgerte sich maßlos, den Abstand zum Gegner nicht verringert zu haben. »Wir wollten gewinnen«. Doch der Auftakt nach Maß sättigte den Bielefelder Erfolgshunger zu schnell.
Zwei Siebenmeter von Michael Boy, drei rasche Überzahltore von Wagner, Katsigiannis und Boy - aus unerfindlichen Gründen ließ das 5:1 (4.) die Aktionen vorne wie hinten langsamer werden. Statt mit strukturiertem Spiel den Sack gegen den angeschlagenen Gegner frühzeitig zuzubinden, verzettelten sich die HSG-Werfer in hastige Einzelaktionen und schenkten Korschenbroich ausreichend Gelegenheiten, in die Spur zurückzufinden. »Wir haben nur noch reagiert«, grantelte Holtmann.
Bis zum 7:7 (13.) blieb es eng. Nach zwei frei vom Kreis vergebenen Chancen (Boy, Wagner) und Bernaus 7:8 (16.) geriet die Holtmann-Crew erstmalig ins Hintertreffen und lag fortan nie mehr in Front. Nach 5:13 Treffern und dem 10:14 (22.) schwante den Fans Böses. Die Abwehr agierte viel zu passiv gegen Korschenbroichs »Halbe«. Der »Notfall« war nun doch eingetreten - Sven-Eric Husemann gab nach langer Verletzungspause sein Comeback.
15:19. Den deprimierenden Pausenstand analysierte der verletzte Johann-David Starck - Schulteroperation am 30. März - so: »19 Tore. Sowas kriegt eine normale Mannschaft in einem ganzen Spiel. Das ist Einstellungssache«.
Auch beim Wiederanpfiff war kein Glühen in den Augen der Bielefelder zu erkennen. Michael Boy (Husemann führte Regie) und Alexandros Katsigiannis (für ihn spielte Glüer halblinks) schmorten lange auf der Bank. Der Rückstand betrug stets drei bis fünf Tore, und Hattigs 23:29 (49.) schien Korschenbroich endgültig auf die Siegerstraße gebracht zu haben. Die neuerliche Umstellung auf eine 3:2:1-Abwehr mit einem unermüdlich kämpfenden Carl-Moritz Wagner als effektiver Speerspitze fruchtete. Als auch Bastian Knop endlich zwei, drei Bälle auf Reihe abwehrte, stellten Bierhake (2), Glüer, Wagner und Katsigannis binnen drei Minuten den 28:29-Anschluss her. Jetzt kam Leben in die Heeper Halle. Der Abwehrfunke sprang auf den achten Mann über. Die 300 peitschten die HSG Bielefeld begeistert nach vorne. Riesenjubel, als Wagner - eine tolle Leistung -Êseinen hinten erkämpften Ball per Gegenstoß mit dem 29:29-Ausgleich krönte (55.).
Nach dem 29:31 (57.) reparierte die Siebenmeterstärke von Michael Boy - er verwandelte sämtliche fünf - die Fehlversuche von Katsigiannis und Gote. Bereits 54 Sekunden vor dem Ende stellte der Kapitän den Endstand her.
Bei aller Erleichterung übten die HSG-er nach dem Abpfiff zuallererst Selbstkritik. »Wir haben in der Abwehr keine Bälle mehr gekriegt. Das war in den ersten fünf Minuten unser Trumpf, als es ratzfatz ging«, sinnierte Rückkehrer Husemann. »Eigentlich müssen wir so ein Spiel gewinnen«.
Christoph Mylius deklarierte das Unentschieden »als Punktgewinn. Als wir nicht mehr so leichtfüßig auf den Beinen waren, haben wir einfache Tore gegen uns gekriegt«. Der Kreisläufer prangerte »viele individuelle Abwehrfehler« an. »Wir haben zu passiv gestanden«. Positiv stimmte Heiko Holtmann trotz allem: »Wir haben bis zum Schluss gekämpft und sind als Mannschaft aufgetreten«. Und der Punkt wurde tatsächlich noch verspätet belohnt: Nach der Niederpleis-Pleite in Schwerte/Westhofen hat die HSG Bielefeld die Abstiegsplätze verlassen.
HSG Bielefeld: Knop/Heil - Glüer (3), Husemann (2), Mylius (1), Volmer (2), Boy (6/5), Wagner (4), Katsigiannis (4), Gote (5), Bierhake (4).
Erfolgreichste Werfer für Korschenbroich: Schmidt (10/3), Bernau (6) und Hattig (4).
Der Spielfilm: 3:0 (2.), 5:1 (4.), 5:5 (10.), 7:8 (16.), 10:11 (20.), 10:14 (22.), 12:17 (26.), 15:19 (30.), 17:21 (34.), 23:26 (43.), 23:29 (49.). 26:29 (50.), 29:29 (55.), 30:31 (58.), 31:31.
Rote Karten: Warncke (48.), Hattig (58.).
Zeitstrafen: HSG 8 Minuten - TVK 16 Minuten.
Schiedsrichter: Dominik Hungen/Andreas Spilgies (Königswinter).

Artikel vom 28.02.2005