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Vom Sport-Studio zum Spät-Studio

Wie das ZDF aus der Kult-Sendung einen Mitternachtsball gemacht hat

Die Torwand steht noch. Aber sonst ist nichts mehr so, wie es früher war. Sogar der Name wurde gekürzt. Aus dem »Aktuellen Sport-Studio« ist inzwischen ein ganz normales »Sport-Studio« geworden. Darüber ärgert sich WESTFALEN-BLATT-Sportchef Klaus Lükewille.
Wenn Mainzelmännchen treffen: Die ZDF-Maskottchen zielen auf die legendäre Torwand.
Mit dem Zweiten sieht man besser? Manchmal vielleicht. Aber auf jeden Fall später. Viel später.
Premiere ist in der Bundesliga mit dem Anpfiff um Punkt 15.30 Uhr auf Ballhöhe. In der ARD rollt ab 18.10 Uhr die Lederkugel.
Und im ZDF? Die Mainzelmänner bitten nun schon seit längerer Zeit zum finsteren Mitternachtsball.
Klar, sie sind in Sachen Fußball-Bundesliga nur noch der Rechteverwerter Nummer drei. Das ist bitter. Aber noch lange kein Grund, ständig die Pille immer und immer wieder ins eigene Programm-Tor zu treten.
Die ZDF-Vorzeigesendung am Samstag war Kult, sie hieß einmal: »Das aktuelle Sport-Studio«. Als noch Könner wie Wim Thoelke, Harry Valerien oder Rainer Günzler diese Sendung moderierten, immer wieder einen bunten Ball-Abend servierten.
Und heute? Die neuen »Sport-Köche« Wolf-Dieter Poschmann, Rudi Cerne oder Michael Steinbrecher bieten ihren Kunden meistens nur laue Hausmannskost an.
Die ZDF-Karte: Eine fade Vorspeise, ein Hauptgericht ohne besondere Zutaten, ein Nachschlag ohne Pfiff. Das ganze Menü meistens »garniert« mit langweiligen oder inaktuellen Studio-Gästen.
Wie zuletzt nach der Enthüllung des Wettskandals. Da brachten sie es doch tatsächlich fertig, mit Präsident Rene C. Jäggi und Torwart Thomas Ernst gleich zweimal hintereinander Vertreter des wahnsinnig interessanten 1. FC Kaiserslautern einzuladen.
Wie spannend. Wie unterhaltsam. Wie einfallsreich. Schönen Dank nochmal. War wirklich erstklassig.
Aber im Ernst: Es kann doch nicht der Ernst der Mainzer Programm-Planer sein, dass sie ihr ehemaliges Markenzeichen immer weiter in Richtung Geisterstunde verschieben.
»Sport-Studio«? Das ist längst ein »Spät-Studio« geworden.
Beweise dafür werden Woche für Woche vom ZDF geliefert. Der Sendebeginn seit dem Rückrundenstart der Fußball-Bundesliga:
Samstag, 22. Januar 2005: Wetten, dass .... das Studio heute wieder weiter als zunächst geplant zurückrutschen wird? Bingo. Anstatt um 22.45 Uhr - wie im Programm ausgedruckt - rollte um 23.20 Uhr der Ball.
Samstag, 29. Januar 2005: Diesmal durfte Carmen Nebel überziehen. Ihre Musik-Schwaden lösten sich erst gegen 23.15 Uhr endgültig auf.
Samstag, 5. Februar 2005: Hoch die Tassen, Kölle Alaaf! Prinz Karneval schunkelte König Fußball ins Abseits. Studio-Anpfiff: 23.20 Uhr.
Samstag, 12. Februar 2005: »Siska« löste seinen Fall immerhin pünktlich. Aber es war schon wieder 23.05 Uhr, als endlich zum »Tatort« Stadion umgeschaltet werden konnte.
Samstag, 19. Februar 2005: Wetten, dass ... Thomas Gottschalk garantiert wieder eine Nachspielzeit genehmigt wird? Na klar. Aber diesmal wenigstens nicht ganz so üppig. Um 23.01 Uhr kam das Wort zum Sport.
Und an diesem Samstag? Beginn Punkt 22.00 Uhr. Endlich mal wieder wie früher. Donnerwetter. Alle Achtung. Geht doch. Der alte Sendeplatz ist frei.
Aber nicht für das Studio, nein, vorher steigt der »Tiger« in den Ring. Der Kampf von Dariusz Michalzewski wird natürlich live übertragen. Erst danach gibt es die Kick-Konserve, voraussichtlich gegen 23.15 Uhr.
Mit dem Zweiten sieht man besser? So sicher nicht.
So macht man einen alten Klassiker endgültig kaputt.
Das »Sport-Studio« im Frühjahr 2005: Lange Jahre ein Parade-Format, inzwischen nur noch Mainzelmännchens Nachtparade.

Artikel vom 26.02.2005