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Edles Pferd kostet einen »Löser«

Münzfreunde Bielefeld feiern 40-jähriges Bestehen auf der Sparrenburg

Von Matthias Meyer zur Heyde und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Nein, zur Wertanlage taugen Münzen und Medaillen nicht. Um so interessanter ist es, so ein rundes Stück (Edel-)Metall in seinen ureigenen historischen Kontext zu betten. Die Münzfreunde Bielefeld treffen sich jetzt seit 40 Jahren - regelmäßig.

Die große Festveranstaltung zum Jubiläum, gleichzeitig die Frühjahrstagung der westfälischen Münzvereine, findet am Sonntag, 6. März, in geschichtsträchtigen Mauern statt: auf der Sparrenburg - über das mittelalterliche Leben und Wirken auf der Burg wird der Historiker Heinrich Rüthing sprechen. Einem zweiten großen Thema widmet sich Dieter Lincke: der Geschichte der Münzprägetechnik.
Riesig ist der anderthalbfache Löser aus dem Braunschweigischen; um 1604, als er geprägt wurde, konnte ein Mann locker ein edles Reitpferd dafür bekommen. »Heute verlangen die Händler für alte Münzen viel Geld, aber wenn Sammler ihre Stücke verkaufen möchten, erhalten sie nur ein bescheidenes Sümmchen dafür«, berichtet Hans Lummer aus leidvoller Erfahrung.
Ein »Löser« übrigens war einst eher Rücklage denn Zahlungsmittel; um ihn in die auf den Straßen und Märkten gültige Währung umzutauschen, musste man ihn am fürstlichen Hof (ein-)»lösen«. Längst ist der Löser ein reines Liebhaberstück, genau wie der »Breite Taler« von 1541, den Ferdinand I. zum Zehnjahresfest seiner Königskrönung prägen ließ - eines der ältesten Stücke in Lummers beachtlicher Sammlung.
Ein echter Verein sind die Bielefelder Münzfreunde nicht, aber um so fester halten sie seit vier Jahrzehnten zusammen. Mit 25 Numismatikern, die an den Treffen (jeden dritten Dienstag im Monat, 18 Uhr, im Haus der offenen Tür, Kreuzstraße 19a) regelmäßig teilnehmen, stellt man so manchen anderen Münzfreundekreis in den Schatten. »Zuerst sind wir immer mit meinem Käfer bis nach Minden gefahren, bis wir uns am 17. März 1965 in Bielefeld selbständig machten«, erinnert sich Hugo Bredenbals, Gründungsmitglied neben Walter Kemlein und Erhard Knost, an bescheidene Anfänge.
Es hat lange gedauert, bis auch in Bielefeld Münzen geprägt wurden, was nicht so sehr an den hohen Risiken lag, die ein Münzmeister einging - behielt er vom Silber (Gold wurde kaum verwendet) zu wenig für sich selbst, war er schön dumm, zwackte er zuviel ab, rollte sein Kopf. Die im »wilden Osten« gelegene Abtei Corvey war seit 833 Westfalens erste Münzprägestätte. Aber als heimische Kaufleute in Handelsbeziehungen zu England traten, war Bielefeld unter den ersten, die den Sterling nachahmten.
Das übliche Geldstück war der Pfennig (um 1,2 Gramm), der Schilling zu zwölf Pfennig war nur ein theoretisches Rechnungsmaß, die Mark eine Gewichtseinheit (knapp 240 Gramm Silber). »Der einfache Mann hat viele heute bekannte Münzen wie Gulden und Taler zeitlebens nie in Händen gehalten«, sagt Lummer. Geschweige denn, die in geringer Auflage geprägten Medaillen.
Von denen besitzt Lummer auch ein besonders schönes Exemplar, das eine perspektivische Darstellung des Regensburger Doms zeigt: eine Sedisvakanzmedaille, reines Silber mit den Wappen der Domherren, die vor der Wahl eines neuen Bischofs mit diesem hübschen Geschenk die weltliche Machtelite günstig zu stimmen versuchten . . .
Aber natürlich sind auch aus Bielefeld Münzmeister bekannt, die letzten - die Kochs im 17. Jahrhundert - bildeten schon fast eine Dynastie, bevor 1667 auf Befehl des Großen Kurfürsten die Prägestätte geschlossen wurde. Aber halt: Bielefelder Notgeld (1917) gab's ja auch noch, und ein Drei-Mark-Stück aus jenen Kriegstagen ist wertvoller als antike Münze aus einer Alexander-3-3-3-Issus-Keilerei-Prägestätte.
1885 fand man, eingemauert in der mutmaßlichen Wohnung eines Kupferschmiedes, Obernstraße 39, einen Topf (Grapen) mit 7000 Münzen (Zwölf- und Sechs-Pfennig-Stücken), Geld, dass man vermutlich den Truppen Christians von Braunschweig hatte entziehen wollen. Und Lummer kennt einen nicht minder spektakulären Fall, der erst gut zehn Jahre zurückliegt: »Bei Rödinghausen haben Kinder 76 Talermünzen gefunden, und es gab ordentlich Wirbel, als ein Vater erkannte, um was für einen Schatz es da ging.«
Wer altes Geld findet, im Teutoburger Wald nicht unbedingt ganz selten, ist verpflichtet, das zu melden. »Nach Möglichkeit sollen Münzfunde nicht auseinandergerissen werden«, erläutert Gerhard Ellerbrake, von Hause aus Jurist.
Und was geschieht mit einer Sammlung im Todesfall? »Sie wird vererbt - und dann verkauft«, sagt Lummer. Leider eben meist zum Spottpreis . . .

Artikel vom 01.03.2005