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Buchclub blickt auf Berlin

Kreativabteilung will Nähe zu Verlagen - 70 Jobs weg

Von Dirk Bodderas
und Edgar Fels
Rheda-Wiedenbrück (WB). Der Bertelsmann-Buchclub will mit seiner Marketing- und Programmabteilung nach Berlin, München oder Hamburg umziehen. Betroffen sind 80 Mitarbeiter. Der Umzug ist Teil der geplanten Neuausrichtung des defizitären Buchclubs.

»Wir wollen an einen großen Kultur- und Verlagsstandort umziehen«, sagte Club-Sprecher Jens Herrmann am Freitag. »Dabei hat Berlin Priorität.« Die Bereiche Mitgliederbetreuung, das Call-Center, der Vertrieb und die Buchhaltung des Clubs sollen mit zusammen 250 Mitarbeitern am Standort Rheda-Wiedenbrück bleiben.
Ein Umzug des gesamten Buchclubs an die Spree stehe nicht zur Disposition«, versicherte Herrmann. Schließlich befinde sich in Rheda die Keimzelle des von Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn im Jahr 1950 gegründeten Buchclubs, der heute etwa 3,6 Millionen Mitglieder in Deutschland zählt und mit seinen 300 Filialen in Deutschland zur Bertelsmann-Sparte Direct Group gehört.
Geschäftsführer Marc-Oliver Sommer sagte, die Standortsicherungsvereinbarung für Rheda sei nicht gekündigt worden. Ziel sei es, bis Ende März zusammen mit dem Betriebsrat ein Ergebnis vorlegen zu können. Man müsse schnell handeln, die Verunsicherung bei den Mitarbeitern sei groß. Die Belegschaft wurde am Freitag über das geplante Konzept informiert.
Um die bereits im Januar dieses Jahres angekündigte »Trendwende« innerhalb von zwei Jahren zu schaffen, muss nach Darstellung von Sommer ein zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden. Dazu gehöre auch die Senkung der Personalkosten. So will sich »Der Club« von 70 seiner derzeit 450 Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück trennen. Auf betriebsbedingte Kündigungen wolle man aber »nach Möglichkeit« verzichten.
Der deutsche Buchmarkt ist hart umkämpft. Größter Mitbewerber der Bertelsmann-Mediensparte ist der »Weltbild«-Verlag. Das bekam der Rheader Club im vergangenen Geschäftsjahr zu spüren, als man einen Verlust in Höhe von acht Millionen Euro hinnehmen musste.
Wohl aus diesem Grund spricht Top-Manager Marc Oliver Sommer sinnbildlich von einem »Krieg«, den der Club nur mit einem eigenständigen Profil, Exklusivität und eigener Produktlinie gewinnen könne. Zudem solle der Fokus wieder ganz aufs Buch ausgerichtet werden.
Um künftig als »Kulturinstitution« wahrgenommen zu werden, hält das Club-Management einen Teil-Umzug in eine Großstadt in die Nähe zu Verlagen und Autoren für notwendig. In anderen europäischen Clubs des Gütersloher Medienriesen sei dies der Fall, sagte Herrmann. London, Paris und Barcelona seien dafür Beispiele.

Artikel vom 26.02.2005