26.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bühne frei für
das »Treffen«

Grass-Erzählung als Oper

Dortmund (dpa). Günter Grass erobert erstmals die Bühne. Am 6. März feiert die Oper »Das Treffen in Telgte« nach der gleichnamigen Erzählung des Literatur-Nobelpreisträgers in Dortmund ihre Uraufführung.

Es ist die erste Oper nach einem Stück des Autors. Noch in diesem Herbst soll zudem die Verfilmung seiner Erzählung »Unkenrufe« mit Matthias Habich in die Kinos kommen - Grass hat Konjunktur, er ist es auch nicht anders gewöhnt. Erst im Januar hatte Grass »den Leerlauf des Regietheaters« und »die Ichbefindlichkeiten« jener Regisseure« beklagt, »die den Autor als Urheber verunstalten, ihn unkenntlich machen«. Trotz der strengen Worte - Regisseurin Mielitz (55) und der 1946 geborene Komponist Eckehard Mayer aus Freital in Sachsen genießen es, dass ihnen der Schriftsteller völlig freie Hand bei Musik und Inszenierung gelassen hat. »Da sind wir autark«, betont Mayer. Zwei Mal habe er zusammen mit Librettist Wolfgang Willaschek den Autor besucht. »Wir haben uns sein Kopfnicken abgeholt.«
Im »Treffen in Telgte« geht es um die Rolle von Kunst und Literatur in Krisenzeiten. Die Erzählung handelt von einem fiktiven Treffen deutscher Barockdichter gegen Ende des 30-jährigen Krieges 1647 in Telgte - ein Ort, der nach Mayers Einschätzung in seiner Lage zwischen Münster und Osnabrück von Grass bewusst gewählt wurde. Denn in den Städten wurde 1648 der Westfälische Frieden geschlossen. »Grass erzählt nicht nur eine Geschichte von großen Dichtern«, sagt Mielitz. Sondern er setzt das fiktive Treffen mit einem weiteren, realen Schriftstellertreffen gleich, nämlich dem der Gruppe 47 um Böll, Bachmann, Martin Walser und eben Grass etwa 300 Jahre später.
»Grass spricht über mehrere Zeiten zugleich«, erklärt die 55- Jährige. Über die Zeit des 30-jährigen Krieges, aber auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wiedervereinigung. »Und für uns scheint es 2005 zu spielen. Was wird mit Europa, mit der Kultur Europas? Es sind dieselben Fragen wie nach dem 30-jährigen Krieg«, sagt Mielitz. Sie erklärt, dass die Musik sängerfreundlich sei, ohne gleich eine klassische Gesangsoper zu sein. Die Auswahl der Stimmen reiche vom tiefsten Bass bis zum höchsten Sopran.

Artikel vom 26.02.2005