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Ende einer einzigartigen Erfolgsgeschichte

Edeka will auch die letzten AVA-Aktien übernehmen - Mit dem Konsum fing 1892 alles an


Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Fachleute haben die Ankündigung aus Hamburg schon lange erwartet. Spekuliert wurde auf jeder Hauptversammlung, wann die mächtige Edeka Zentrale AG & Co. KG allein im Ring ist. Jetzt ist es amtlich: Noch 2005 endet mit der Übernahme der restlichen knapp fünf Prozent AVA-Aktien durch Edeka ein äußerst erfolgreiches Kapitel Bielefelder Einzelhandelsgeschichte.
Weil Edeka ohnehin bereits 95,025 Prozent der Papiere hält, ist die Zustimmung der Hauptversammlung am 13. Juli nur noch Formsache. Für manchen Kleinaktionär endet mit dem von Fachleuten kurz als »Squeeze Out« bezeichneten Schritt seine aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben. Für manchen Normalbürger bedeuteten die wenigen Aktien im Bankschließfach mehr als die 44,97 Euro, die Edeka jetzt springen lassen will.
Die einzigartige Erfolgsgeschichte begann 1891 in schlechter Zeit genau genommen mit einer Sammelbestellung Kartoffeln. Am Anfang stand der Genossenschaftsgedanke. Weil die Kartoffelbeschaffung so gut klappte, wurde das Sortiment für die Arbeiterhaushalte bald um Nahrungsmittel wie Speck erweitert. 35 Genossen schlossen sich 1892 zusammen, jeder brachte einen Geschäftsanteil von 15 Mark ein. Der Bielefelder Konsum-Verein gegründet.
Der Umsatz im ersten Jahr 1892 belief sich auf 99 320 Reichsmark, die Zahl der Mitglieder war bereits auf 833 angewachsen. Vom ersten Warenlager an der Rohrteichstraße aus erfolgte die Belieferung der Läden, die man zuerst noch als Abgabestellen bezeichnete. Seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts ist die Handelsorganisation tief in Bielefeld verwurzelt, finden sich in vielen Stadtbezirken Spuren der erfolgreichen Firmengeschichte, die jetzt zu einem Kapitel in der Edeka-Chronologie wird.
Eigene Lagerhäuser, Bäckereien, Fleischereien und Verkaufskonzepte gehören ebenso zum Gesamtbild von damals wie die prägenden Wohnzeilen der Freien Scholle und die Konsumgeschäfte in zumeist roten Ziegelgebäuden. Der Konsum-Verein hilft den Menschen in Bielefeld durch die schlechte Zeit, ebnet ihnen zugleich den Weg ins Wirtschaftswunder auf seine ganz eigene Art.
»Wo der Name Konsum steht, bürgt er auch für Qualität« steht in der Anzeige 1953. Nicht nur im Marketing ist Konsum stets vorn, sondern auch in den Verkaufskonzepten wie dem SB-Laden mit Selbstbedienung. Mit dem Zusammenschluß der vier großen Konsumgenossenschaften in OWL zu Coop und Übernahme des SB-Pioniers Eklöh hat der Zwang zur Größe als wesentliches Fundament für den bis heute stetigen Erfolg in den sechziger Jahren begonnen. 1971 eröffnete der erste Marktkauf an der List-Straße, 1980 steuerte die AVA auf die erste Milliarde zu. Im Oktober 1989 steigt Edeka mit 24,9 Prozent am AVA-Grundkapital ein. Die Hamburger Luft wird in der Sennestädter Zentrale immer dominanter. An der Fuggerstraße arbeiten 1343 Beschäftigte. In Bielefeld insgesamt sind 2379 Menschen für die AVA tätig.

Artikel vom 24.02.2005