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Krüppelprozess:
Zwei Komplizen
schwer belastet

55-Jährigen zwei Mal überfahren

Bielefeld (hz). Beim zweiten Verhandlungstag des so genannten »Krüppelprozesses« vor dem Landgericht hat die Angeklagte Birgit K. (39) zwei Komplizen schwer belastet. Die Näherin aus Schloß Holte-Stukenbrock stritt außerdem ab, den Frührentner Heinrich J. (55) absichtlich zwei Mal mit einem Auto überfahren zu haben, um von zwei Unfallversicherungen 750 000 Euro zu kassieren.

Über ihren Anwalt Rainer Pielsticker ließ die 39-Jährige vor der 2. Großen Strafkammer eine insgesamt elfseitige Erklärung verlesen. Weitergehende Angaben zu den Anklagevorwürfen - die Staatsanwaltschaft bezichtigt die Näherin der gefährlichen Körperverletzung und des Betruges - verweigerte Birgit K..
Laut dieser Erklärung soll nicht, wie von der Staatsanwaltschaft ermittelt, die Frau aus Schloß Holte-Stukenbrock, sondern der Mitangeklagte Gerhard J. (46) am Steuer der Autos gesessen haben, mit denen sich der ehemals in Bielefeld und jetzt in Bad Pyrmont wohnende Frührentner Heinrich J. im Februar und April 2001 zum Krüppel fahren ließ. Auch will Birgit K. mit den Absprachen für den Versicherungsbetrug nichts zu tun gehabt haben. Die Einzelheiten, wie zwei Assekuranzen nach den absichtlich herbei geführten Unfällen um mehr als 750 000 Euro zu prellen seien, sollen der Bielefelder Gerhard J. und der heutige Vollinvalide Heinrich J. getroffen haben.
Zudem erhob Birgit K. noch weitere Vorwürfe gegen ihre beiden Komplizen, die wie sie auf der Anklagebank im Landgericht sitzen. So soll Gerhard J. ihr Drogendealer gewesen sein und die ehemalige Prostituierte regelmäßig mit Haschisch, Extasy, Kokain und Heroin versorgt haben. Und beim Abschluss der Verträge mit den zwei Unfallversicherungen will nicht die 39-Jährige die »treibende Kraft« gewesen sein, sondern das spätere Opfer Heinrich J. soll die im Schadensfall zu leistenden Vergütungen mit einem Bielefelder Versicherungsmakler ausgehandelt haben. - Wohlwollend äußerte sich Birgit K. gestern vor dem Landgericht lediglich über die vierte Angeklagte, mit der sie eine Liebesbeziehung verbindet: der wegen versuchten Mordes am Ehemann verurteilten Christina G. (46) sei sie noch bis heute »tief verbunden«.
Nur in einem Punkt zeigte sich die 39-Jährige geständig. Sie habe vom Versicherungsbetrug, bei dem sich der ihr hörige Heinrich J. zum Krüppel fahren ließ, profitiert. Für diese Schuld erwarte sie nun ihre gerechte Freiheitsstrafe.
Doch damit ist der Fall für Birgit K. und ihre drei Komplizen noch nicht beendet. Die beiden betrogenen Versicherungen fordern mittlerweile auf zivilrechtlichem Wege 732 000 Euro zurück.
Der Strafprozess vor dem Landgericht wird Montag fortgesetzt.

Artikel vom 24.02.2005