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Teichmanns grandiose Aufholjagd

Nordische Ski-WM: deutsches Langlauf-Quartett erringt Staffel-Silber

Oberstdorf (dpa). Dieses Silber ist Gold wert. Als Axel Teichmann nach einer grandiosen Aufholjagd die erste Medaille für die deutschen Langläufer bei der Ski-WM in Oberstdorf erkämpft hatte, wurde der Schlussläufer der 4 x 10-km-Staffel von seinen Kollegen im Ziel vor Freude zu Boden gerissen und stürmisch gefeiert.

Mit einer sensationellen Energieleistung riss der Lobensteiner ein schon verloren geglaubtes Rennen noch aus dem Feuer und führte das DSV-Quartett mit Jens Filbrich, Andreas Schlütter und Tobias Angerer hinter Titelverteidiger Norwegen und vor Russland auf den zweiten Platz.
»Das war die wichtigste Medaille, die ich in meiner Karriere gewonnen habe«, jubelte Teichmann, der im Mannschafts-Container Tränen der Freude vergoss. Zuvor hatte er wie Franz Beckenbauer nach dem WM-Sieg 1990 in Rom einsam eine Runde durch das Ski-Stadion gedreht und versucht, die überwältigenden Eindrücke zu verarbeiten. »Die vergangenen Tage waren sehr schwer. Ich danke allen, die zu uns gestanden und uns die Daumen gedrückt haben. Danke auch an das Publikum, das die inakzeptablen Leistungen vergessen und uns nach vorn getrieben hat«, sagte Teichmann.
Mit einem Rückstand von 40 Sekunden auf Italien und mehr als eineinhalb Minuten auf Russland war der 15-km-Weltmeister von 2003 in die Loipe gegangen. Am letzten Anstieg ließ Teichmann den Italiener Cristian Zorzi stehen, auf der Zielgeraden flog er unter dem Jubel der 21 500 Zuschauer am Russen Nikolai Bolschakow vorbei. »Die letzten zwei Kilometer war ich im Tunnel. Nach dem ersten Anstieg auf der letzten Runde habe ich gewusst, dass ich Zorzi kriege. Dass ich den Russen noch einhole, hatte ich nicht erwartet«, sagte Teichmann. »Axel ist absoluter ein Ausnahmeläufer. Ich freue mich für die Jungs, dass sie dem Druck Stand gehalten haben«, erklärte Bundestrainer Jochen Behle.
Teichmanns Kollegen konnten die späte Wende kaum fassen. »Axel ist das Rennen seines Lebens gelaufen. Heute sind wir die glücklichsten Menschen auf der Welt«, sagte Filbrich. Der Startläufer hatte seine Aufgabe hervorragend gemeistert und die DSV-Staffel auf Kurs gebracht. Als Norwegen, Italien und Russland attackierten, konnte der 25-Jährige als Einziger folgen. »So gekämpft wie heute habe ich noch nie. Ich musste drei, vier Mal über die Schmerzgrenze gehen und bin kaum die letzte Abfahrt runter gekommen«, berichtete der Sportsoldat aus Frankenhain, der an vierter Stelle an Schlütter übergab.
Der 32-jährige Team-Oldie konnte das Tempo in der Spitzengruppe jedoch nur bis zur Hälfte der Distanz mitgehen. Dann musste der Oberhofer den Norweger Frode Estil und den Russen Wassili Rotschew ziehen lassen, die einen Vorsprung von einer Minute herausliefen. »Ich habe gemerkt, jetzt ist es aus. Daher habe ich mein eigenes Rennen laufen müssen«, sagte Schlütter, der kurzzeitig auch den Kontakt zum Italiener Fulvio Valbusa verlor.
»Es war eine extrem schnelle zweite Runde, der ich dann Tribut zollen musste«, gestand Schlütter, der für den wegen Formschwäche abgereisten René Sommerfeldt (Oberwiesenthal) in die Staffel gerückt war. »Danke an Axel, er hat die Staffel rausgerissen.«

Artikel vom 25.02.2005