24.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Leitartikel
Schröder handzahm

Haussegen gerade gerückt


Von Reinhard Brockmann
Deutschlands »Partnerschaft in einer Führungsrolle« (Bush-Senior 1989 in Mainz) ist noch nicht wiederhergestellt. Denn der amtierende Präsident, darauf angesprochen, wich gestern aus: »Die USA verlassen sich auf Partnerschaften in der ganzen Welt«.
Der Haussegen hängt dennoch wieder einigermaßen gerade. Das Fazit des zweiten Deutschland-Besuchs von George W. Bush lässt durchatmen. Nach dem schweren Irak-Zerwürfnis werden die USA und Deutschland jetzt ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufschlagen - und beide Seiten bekundeten, nicht mehr ständig zurück zu blättern Wohl dem...
Vergessen? Der hierzulande in roten und grünen Salons unterschwellig gepflegte Antiamerikanismus führte jüngst noch zu der durchaus »schicken« Haltung, Irans Anspruch auf Atomwaffen sei um so berechtigter, je mehr die USA in Gedanken Krieg spielten.
Ganz anders gestern: In den höchsten Tönen lobten ein entschlossener Bush und ein handzahmer Schröder die harmonische Atmosphäre. Der Kanzler bot verstärkte deutsche Wiederaufbauhilfe für den Irak an. Viele Deutsche werden nun in das kriegszerstörte Land reisen. Allerdings müssen Uniformen und Waffen (Selbstschutz?) draußen bleiben, weil der Kanzler eine Totalrevision seiner Wahlkampfrede von Goslar 2002 nicht schafft.
Auch das Gespenst eines Iran-Krieges ist seit gestern noch toter als tot. Bush machte klar, dass die USA »der Diplomatie eine Chance« gäben. Mit der EU-Troika soll eine Reihe von Verhandlungstaktiken festgelegt werden: Das heißt nichts anderes, als dass es beim Spiel mit den verteilten Rollen bleibt: Guter Junge - böser Junge.
Vollends auf die amerikanische Leimrute trat Schröder, als er sich von Bush ein gemeinsames Aktionsprogramm zum Klimaschutz unterjubeln ließ. Zusammen wolle man nach einem Weg suchen, den weltweiten Klimaschutz voranzubringen, hieß es hernach wunderbar schnörkel-diplomatisch. Warum die USA dem soeben in Kraft gesetzten Kyoto-Protokoll nicht beitreten, warum das rot-grüne Deutschland den USA die Hintertür sperrangelweit aufreißt, dazu kein Wort.
Die USA sind die größten Treibhausgas-Verursacher auf diesem Globus. Für eine Mehrheit der Deutschen kommt laut Umfragen der US-Boykott des Kyoto-Abkommens fast einer ökologischen Kriegserklärung an den Rest der guten Welt gleich. Auch von Umweltminister Jürgen Trittin war gestern nichts zu hören, von Joschka Fischer erwarteten nicht einmal die Grünen ernsthaft Einspruch angesichts dieser Posse.
Und Schröders Vorstellungen von einer NATO-Reform? Vor der Presse drechselte der Amerikaner seine Sätze dazu laut Übersetzung so: »Wir haben uns verständigt, nicht immer darüber zu sprechen, wo wir unterschiedlicher Meinung sind, sondern wo wir gemeinsamer Auffassung sind«. Hinter den Kulissen könnte es auch diese Kurzfassung gegeben haben: »Shut up«

Artikel vom 24.02.2005