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Rauschtat noch
einmal aufgerollt

Tödliches Zechgelage: Neuer Prozess

Bielefeld (uko). Alles von vorn - unter diesem Motto hat das Schwurgericht des Landgerichts seit Dienstag den kompletten Prozess um die Messerstecherei im Anbau des Conti-Hotels neu aufrollen müssen.

Grund für die Neuansetzung ist die plötzliche Erkrankung einer Berufsrichterin, die auch trotz einer nun verlängerten Unterbrechungsfrist von drei Wochen nicht rechtzeitig genesen war.
Am Nachmittag des 6. August 2004 war es in dem Appartementblock an der Schelpsheide zu dem folgenschweren Trinkgelage von Alkoholikern gekommen. Ronald B. und das spätere Opfer Ulrich N. (57) trafen in der Ein-Zimmer-Wohnung von Christiane R. zusammen. Im Dunst von reichlich Schnaps kam es um 19 Uhr zum Streit zwischen den beiden Männern. Ronald B. hatte dann ein Taschenmesser gezogen und es seinem Kumpan in die linke Halsseite gestochen.
Der Schwerverletzte wankte zu seinem Appartement und verblutete dort auf dem Sofa liegend.
Ronald B. hatte zu der Tat nichts ausgesagt. Er berief sich auf einen Filmriss, konnte die Tat jedoch auch nicht ausschließen. Auch die Gastgeberin des Saufgelages mochte sich an den Hergang des Streits nicht erinnern. - Hintergrund waren jedoch die wechselnden Partnerschaften der beteiligten Personen: Ronald B. war jahrelang mit Christiane R. befreundet gewesen, bis sich die Dame Ulrich N. zuwandte. Dessen Ehefrau dagegen war schon zum Zeitpunkt der Tat mit Ronald B. liiert.
Zwei Sachverständige sind nach der Anklage zum Ergebnis gekommen, dass der Täter seinerzeit mit mehr als vier Promille alkoholisiert gewesen sein muss. Demnach sei er schuldunfähig gewesen und für die eigentliche Tat nicht zu bestrafen. Dass Staatsanwalt Klaus Metzler das Geschehen rechtlich als Körperverletzung mit Todesfolge und nicht als Totschlag wertete, war von Verteidigerin Christiane Herzig schon im Vorfeld als »Erfolg« bezeichnet worden.

Artikel vom 23.02.2005