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Fischer will sich offenbar entschuldigen

Union nimmt Schröder ins Viiser

Berlin (WB/Reuters). In der Affäre um mehrere Millionen ungeprüfte Visa ist Außenminister Joschka Fischer (Grüne) nach dem Leugnen eigener Verantwortung jetzt offenbar zu einer Entschuldigung bereit. Schon hat die Union Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aufgefordert, seine Rolle offenzulegen.Schweigt bis Samstag: Joschka Fischer

Über den Visa-Missbrauch sei auch im Kabinett gesprochen worden, begründete der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen, die Forderung. Die Bürger sollten erfahren, »was der Kanzler gewusst und wie er sich verhalten hat.«
Der CDU-Politiker ließ offen, ob Schröder vor dem Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen solle. Aus der rot-grünen Koalition mehrten sich die Forderungen nach einem möglichst raschen Auftritt von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) vor dem Ausschuss, um die Affäre nach Möglichkeit zu bereinigen. Wahlforschern zufolge haben die Visa-Affäre um illegale Schwarzarbeiter und die hohe Arbeitslosigkeit Rot-Grün bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein geschadet. Die Grünen NRW-Landesminister Michael Vesper und Bärbel Höhn forderten gestern von Fischer eine ausführliche Stellungnahme zur Visa-Affäre spätestens auf ihrem Landesparteitag am Samstag in Köln.
Der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, stellte sich unterdessen gegen seinen Freund Fischer und forderte ihn auf, sich unabhängig vom Zeugenauftritt vor dem Ausschuss »innerhalb der nächsten zwei Monate zur Visa-Politik und den vorhandenen Tatsachen zu äußern«. Cohn-Bendit kritisierte, dass das Auswärtige Amt zur Umsetzung einer liberalisierten Visa-Politik die Anzahl der Konsulate und das Visa-Personal dort nicht erhöht habe.
Trotz Forderungen aus SPD und Grünen nach einer schnellen Befragung Fischers vor dem Ausschuss warnte SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter vor einer zu schnellen Ladung des Ministers. »Es macht keinen Sinn für den Außenminister, sich einfach da (...) ohne Kenntnis der Aktenlage einem Untersuchungsausschuss zu stellen«, sagte Benneter.
Morgen will der Ausschuss Beamte des Bundeskriminalamtes vernehmen, die 2003 den Wostok-Bericht zur Schleuserkriminalität mit Hilfe der Visa-Erschleichung verfasst hatten. Demnach wurde das BKA erstmals im August 2001 von der deutschen Botschaft in Kiew auf den Verdacht eines Missbrauchs der Reiseschutzpässe aufmerksam gemacht. Die Reiseschutzpässe wurden in Kiew aber erst von Juni 2002 an nicht mehr anerkannt.

Artikel vom 23.02.2005