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Zoodoktor versorgt 3000 Patienten

Seit 28 Jahren betreut Karl Schaller in Münster annähernd 400 Tierarten

Münster (dpa). Karl Schaller ist Deutschlands dienstältester Zootierarzt. Er kümmert sich im Allwetterzoo Münster schon seit 28 Jahren um 3000 Tiere.
Dieser Fuß des Pelikans musste operiert werden.
Unter Vollnarkose sieht der Pelikan aus wie ein Stofftier. Niedlich zwar, zum Knuddeln, aber ganz schlaff und leblos liegt der Drei-Kilo-Vogel auf dem Operationstisch. Unter einem grünen OP-Tuch lugt der Fuß mit Krallen und Schwimmhaut. Daran eine Hühnerei große Geschwulst, die aussieht, als müsste sie höllisch wehtun. Doch der Rötel-Pelikan hat Glück: Als Zoo-Bewohner ist er gegenüber seinen Artgenossen in freier Wildbahn privilegiert, verfügt quasi über einen eigenen Leibarzt. Und der kümmert sich gerade hingebungsvoll um den lädierten linken Vogelfuß. Für Karl Schaller ein Routineeingriff. Denn der Mann mit dem strubbeligen Haar hat schon Nasenbären kastriert, Schlangen mit Verstopfung einen Einlauf verpasst und Elefantenfüße operiert. Wohl kaum jemand außer ihm kennt die Krankheiten exotischer Reptilien genauso gut wie die Wehwehchen heimischer Säugetiere. Er ist der Doktor für 379 Tierarten.
Zu Schallers Zootierpraxis gehört auch eine Quarantänestation. Für kranke Tiere und Neuankömmlinge ist dies ein vorübergehendes Zuhause, hier sollen sie abseits des Trubels im Zoo Ruhe finden. Die Nashornleguan-Dame etwa vor allzu frechen Ameiven-Echsen, die ihr im gemeinsamen Gehege aus unerfindlichen Gründen ständig den Schwanz blutig knabbern.
Auch die beiden Sternschildkröten, die genüsslich an grünem Eisbergsalat knabbern, bedürfen des Schutzes. Vor lauter Stress mit den anderen Schildkröten in ihrem Schaugehege haben die beiden Schnupfen bekommen. »Das braucht Monate, bis die wieder auf dem Damm sind«, sagt Schaller. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht den vielen Tieren einen Besuch abstattet. Dabei begutachtet er seine Schützlinge und bespricht mit den Tierpflegern notwendige medizinische Maßnahmen.
Das Verhältnis Schallers zu den Tieren ist herzlich. So bezeichnet es der Tiermediziner mit strahlenden Augen als ein Erlebnis, jeden Morgen eigenhändig »seine« Giraffen mit Bananen zu füttern. »Manche Tiere machen es einem einfach leicht, sie besonders gern zu mögen.«, sagt Karl Schaller.

Artikel vom 23.02.2005