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Clement greift Eichel an

Streit über Steuerpolitik - Wirtschaftsminister soll manipuliert haben

Berlin (ddp/Reuters). In der Bundesregierung gibt es offenen Streit über den Kurs in der Steuerpolitik. In ungewöhnlich scharfer Form übte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gestern Kritik an Finanzminister Hans Eichel (beide SPD).
Clement beklagte, die Bundesregierung mache den Fehler, dass sie eine fiskalische Steuerpolitik, aber keine wirtschaftspolitische betreibe. Eichel warnte den Ministerkollegen davor, man solle »unsere Erfolge jetzt nicht klein reden«.
Der Streit dreht sich schon seit Wochen um die Frage, ob die Regierung noch in diesem Jahr kleinere Steuererleichterungen für Unternehmen in Angriff nehmen oder mit einem Konzept für eine umfassende Steuerreform in den Bundestagswahlkampf ziehen soll. Clement fordert rasche Steuersenkungen, um das Wachstum anzukurbeln. Der frühere Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens hat dabei auch die Landtagswahlen am 22. Mai im Blick.
Eichel griff Clement ungewöhnlich scharf an. »Die bloße Ankündigung von steuerpolitischen Maßnahmen und steuerpolitischen Schnellschüssen produziert nichts außer Verunsicherung und Investitionszurückhaltung«, ließ der Minister erklären. Er selbst ist derzeit an Grippe erkrankt.
Eichel warnte Clement, man dürfe nicht durch eine öffentliche Diskussion »um kleinteilige steuerpolitische Maßnahmen das große Projekt einer nächsten Stufe der Unternehmenssteuerreform« zerreden. An dem Projekt werde gearbeitet.
CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte, Rot-Grün verschärfe mit dem »aktuellen Schlingerkurs« die »ohnehin tief sitzende Verunsicherung der Investoren, vor allem im mittelständischen Bereich«. Wer mit weiteren Reformmaßnahmen bis 2007 warte, riskiere, dass die Arbeitsplatzverlagerungen ungebremst fortgesetzt würden Die Union sei bereit, über steuerpolitische Sofortmaßnahmen zu reden.
Einen Bericht der »Rheinischen Post«, Clement habe die Kostenschätzungen für das Arbeitslosengeld II manipuliert, wollte der Wirtschaftsminister nicht kommentieren.
Unter Berufung auf Protokolle aus Clements Verhandlungen mit dem Deutschen Städtetag im vergangenen Jahr berichtete die Zeitung gestern, Clement habe die Zahl der Empfänger des Arbeitslosengeldes II bewusst zu niedrig kalkuliert. Damit sollten die Folgekosten auf dem Papier gering gehalten und verhindert werden, dass der Bundesetat 2005 verfassungswidrig werde. »Selbst wenn eure Zahlen richtig sind - ich kann nicht mehr Geld bereitstellen, weil dann der Etat verfassungswidrig wird«, zitierte die Zeitung Clement unter Berufung auf einen Teilnehmer der Verhandlungen vom 15. Mai 2004. Ronald Pofalla (CDU) sagte, Clement sei bei den Beratungen zu Hartz IV von einer Ablehnungsquote von 23 Prozent bei den Anträgen auf Arbeitslosengeld II ausgegangen, obwohl Berechnungen eine Quote von 15 Prozent gezeigt hätten. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 25.02.2005