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Wirtschaft und Arbeit entscheiden die Wahl

Starke Kandidatin macht schwache Politik nicht wett

Kiel (dpa). Das stark zurück gegangene Vertrauen in Arbeit und Kompetenzen der schleswig-holsteinischen SPD/Grünen-Regierung beim Arbeitsmarkt, der Wirtschaft und den Finanzen ist für das Landtagswahlergebnis verantwortlich.
Die Visa-Affäre um Außenminister Joschka Fischer spielte dagegen keine große Rolle, heißt es in der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen. Die Arbeitslosigkeit sei für 78 Prozent der Wähler das wichtigste Problem im Land. Nur 21 Prozent trauen der SPD die Bekämpfung der Jobmisere zu, der CDU aber 37 Prozent.
Der bundespolitische Einfluss war im Norden eher gering: Nur für 29 Prozent waren bundespolitische Motive ausschlaggebend, für 64 Prozent war dagegen das Geschehen in Schleswig-Holstein entscheidend. Auch die Visa-Affäre hatte eine nachgeordnete Bedeutung: Nur 29 Prozent der Wähler maßen ihr eine wichtige Rolle zu, 60 Prozent hielten das Thema für eher unerheblich.
Trotz ähnlicher Themen eigne sich die Landtagswahl nicht als Stimmungstest für kommende Wahlen. Aufgrund der Wähler- und der politischen Kultur seien die Ergebnisse weder auf die Landtagswahl in NRW im Mai noch auf den Bund übertragbar. Eine Warnung für Rot-Grün in Berlin bleibe das Ergebnis dennoch: »Die Abstimmung hat sehr deutlich gemacht, dass bei hoher Arbeitslosigkeit und dümpelnder Konjunktur selbst ein überlegener Kandidat noch lange keine Garantie für den Wahlerfolg darstellt«, heißt es in dem Bericht.
Die SPD um Ministerpräsidentin Heide Simonis hatte mit 38,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1958 eingefahren (minus 4,4 Prozent). Dagegen gewann die CDU mit Peter Harry Carstensen 5,0 Prozentpunkte hinzu (40,2 Prozent) und wurde stärkste Kraft im Land. Bei den kleinen Parteien bleiben die Grünen bei 6,2 Prozent, die FDP verliert einen Prozentpunkt und kommt auf 6,6 Prozent. Damit erreicht im neuen Kieler Landtag weder Rot-Grün (33 Sitze) noch Schwarz-Gelb (34) die für die Mehrheit notwendigen 35 Sitze. Auf den Südschleswigschen Wählerverband SSW, für den keine Fünf-Prozent-Hürde gilt, entfallen 3,6 Prozent der Stimmen (2 Sitze).
Dem Vorteil der CDU bei den Kompetenzen steht ein im Vergleich zu Simonis schwächer bewerteter CDU-Spitzenkandidat gegenüber. Fast die Hälfte der Schleswig-Holsteiner meinte, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, wenn die CDU mit einem anderen Kandidaten angetreten wäre, 29 Prozent hätten in einem solchen Fall ein besseres Ergebnis für die CDU erwartet. Simonis lag bei der Frage nach dem gewünschten Ministerpräsidenten mit 51 Prozent klar vor ihrem Herausforderer (37 Prozent).
Ihre stärksten Einbußen hat die SPD mit minus 13 Prozentpunkten bei den Arbeitern und bei den Arbeitslosen (minus 12). Dennoch bleibt sie hier jeweils stärkste Partei. Umgekehrt gewinnt die CDU sowohl bei den Arbeitern (elf Prozentpunkte) und Arbeitslosen (zehn Punkte) klar hinzu.
Die Basis für den CDU-Wahlerfolg sicherte die große Gruppe der über 60-Jährigen, hier legen die Christdemokraten deutlich zu (sechs Punkte) und erzielen mit 49 Prozent fast die Hälfte aller Stimmen. Während die CDU besonders im ländlichen Bereich punktete und hier mit 45 Prozent zehn Punkte vor der SPD liegt, schneidet die SPD in den Städten mit 46 Prozent wesentlich besser ab als die CDU (30 Prozent).
Unter »Sonstige« notierten folgende Parteien: Familien-Partei 0,8 Prozent, PDS 0,8 , NPD 1,9, Graue Panther 0,5, Partei Bibeltreuer Christen 0,2, DKP 0,1, Deutsche Seniorenpartei 0,2 , Offensive Deutschland 0,1.

Artikel vom 22.02.2005