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Rot-Grün lässt sich dulden

Stoiber attackiert FDP wegen des haarscharf verpassten Wahlsiegs

Kiel/Berlin (dpa). Nach dem Wahlkrimi in Schleswig-Holstein wollen SPD und Grüne trotz Niederlage mit einer geduldeten Minderheitsregierung an der Macht bleiben. Zugleich untermauerte die CDU gestern ihren Regierungsanspruch. CDU und FDP fehlt ein Sitz zur absoluten Mehrheit der Mandate, Rot-Grün kann mit Unterstützung des SSW eine Minderheitsregierung bilden.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis könnte die rot-grüne Koalition mit Hilfe des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) weiterregieren. Alle Parteien in Berlin sahen eine Signalwirkung für NRW und werteten den Ausgang zu ihren Gunsten.
Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, Ministerpräsidentin Heide Simonis werde das Beste aus der speziellen Situation in Kiel machen. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte hingegen, das »grandiose Wahlergebnis« für ihre Partei sei ein klarer Regierungsauftrag. CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen erklärte: »Es läuft auf eine Koalition hinaus, die von Peter Harry Carstensen geführt wird.« CDU-Landtagsfraktionschef Martin Kayenburg sprach sich für eine große Koalition aus.
CSU-Chef Edmund Stoiber machte die FDP für die verpasste schwarz-gelbe Regierungsübernahme in Schleswig-Holstein verantwortlich. Er warf der FDP indirekt vor, mit Avancen an die SPD den Wahlsieg verspielt zu haben. Die FDP forderte angesichts des knappen Ergebnisses eine neue Auszählung.
Nach stundenlanger Führung in den Hochrechnungen am Sonntag hatte es für die Union am Ende nicht für eine eigene Mehrheit mit der FDP gereicht. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bekam die rot-grüne Koalition 33 Mandate, die CDU/FDP-Opposition 34 Sitze, der SSW 2 Mandate. Laut Landeswahlleiter Dietmar Lutz fehlten für eine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit 745 Stimmen.
SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk betonte, ihre Partei sei zu Gesprächen mit beiden Lagern bereit. »Wir haben ein eindrucksvolles Votum vom Parteitag für eine Tolerierung, aber man soll nie nie sagen.« Inhaltlich macht der SSW vor allem Druck bei der Einführung von Gemeinschaftsschulen. CDU/FDP wollen diese nicht haben.
Die Grünen machten die Affäre um massenhaften Visa-Missbrauch vor allem in der Ukraine, wodurch auch ihr Außenminister Joschka Fischer unter Druck geraten ist, mitverantwortlich für den Wahlausgang. Bei der grünen Stammwählerschaft habe das Thema keine zentrale Rolle gespielt. Es könne aber der CDU Auftrieb gegeben haben, sagte Grünen- Chef Reinhard Bütikofer. Nach seinen Worten soll Fischer möglichst vor der NRW-Wahl vor dem Untersuchungsausschuss als Zeuge vernommen werden.
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Artikel vom 22.02.2005