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Schwarzarbeit auf dem Rückzug

Eichel: Trendwende unverkennbar

Berlin (dpa). Schwarzarbeit ist in Deutschland auf dem Rückzug: Nachdem die Schattenwirtschaft im vergangenen Jahr erstmals seit 1975 gesunken ist, erwarten Experten auch für dieses Jahr einen Rückgang um nochmals zehn Milliarden auf etwa 346 Milliarden Euro.
Finanzminister Hans Eichel (SPD) führte die Abnahme gestern auf die Reformen der Bundesregierung sowie schärfere Zollkontrollen zurück. »Die Trendwende ist eindeutig erkennbar.« Vorwürfe der Union, die rot-grüne Visa-Politik habe Schwarzarbeit gefördert, wies er zurück.
Im Jahr 2003 wurde der Umfang illegaler Beschäftigung noch auf ein Rekordvolumen von 370 Milliarden Euro geschätzt. Damit wurden 17 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland an Steuer- und Sozialversicherungskassen vorbei erwirtschaftet. Die Union führt dies auch auf die umstrittene rot-grüne Visa-Praxis zurück, die in einem Untersuchungsausschuss geklärt wird. Der »Volmer-Erlass« soll hunderttausende legaler Arbeitsplätze vernichtet und den Staat einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet haben, errechneten Unionspolitiker. Im Finanzministerium hieß es, der Zoll habe keine Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen Visa-Erlass und Schwarzarbeit.
Im vergangenen Sommer war ein neues Gesetz in Kraft getreten, mit dem Rot-Grün vor allem gewerblich organisierte Schwarzarbeit bekämpfen wollte. Im privaten Bereich wurden Bestimmungen gelockert. Unter dem Dach der »Finanzkontrolle Schwarzarbeit« gehen zudem 7000 Zollbeamte und ehemalige Fahnder der Bundesagentur für Arbeit verschärft gegen Schattenwirtschaft vor.
Nach einer Übersicht Eichels haben Zollfahnder 2004 einen Betrag von 474,4 Millionen Euro an hinterzogenen Steuern und Sozialabgaben festgestellt. Im Jahr davor waren es 348 Millionen Euro. Die Zahl der Strafverfahren hat sich auf 91 400 mehr als versiebenfacht. Bei Razzien auf Baustellen, bei Paketdiensten, im Speditionsgewerbe oder in Spielhallen schöpften Zollfahnder bei 16 Prozent der Befragten Verdacht auf Schwarzarbeit.
Auch sei die Bevölkerung für das Problem stärker sensibilisiert worden, wie 80 000 Anzeigen und Hinweise zeigten. Schwarzarbeit galt bisher überwiegend als ein Kavaliersdelikt.
Die Zahlen zum Volumen der Schattenwirtschaft, auf die sich auch Eichel bezieht, hatten der renommierte Linzer Ökonom Prof. Friedrich Schneider und das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) in Tübingen erst Ende Januar vorgelegt. Schneider sah in dem Rückgang einen Beleg für die Wirksamkeit der Arbeitsmarktreform - etwa die Zunahme der Minijobs - sowie der liberalisierten Handwerksordnung.

Artikel vom 22.02.2005