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Anzeige gegen Niebaum und Meier

Möglicher Betrug kann Borussia zum Fall für den Staatsanwalt machen

Dortmund (dpa). Der Börsengang des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund könnte zum Fall für den Staatsanwalt werden. Die Münchner Anwaltskanzlei Rotter kündigte eine umfassende Strafanzeige an.
Ex-Vorsitzender Gerd Niebaum
Geschäftsführer Michael Meier

Sie richtet sich gegen den ehemaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung, Gerd Niebaum, den Geschäftsführer Michael Meier und gegen andere Verantwortliche der Gesellschaft. »Die Strafanzeige wird noch in dieser Woche erfolgen«, sagte Kanzlei-Sprecher Stephan Holzinger.
Nach Einschätzung der Kanzlei hat sich die Geschäftsführung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA möglicherweise des Kapitalanlagebetrugs schuldig gemacht. »Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Mitteilung über die Verpfändung der Markenrechte im Börsenprospekt bewusst unterlassen wurde«, teilte Jurist Klaus Rotter in einer Erklärung der Münchner Kanzlei mit.
Vor dem Börsengang hatte die Borussia die Marke ihres Sportartikelherstellers Goool für 20 Millionen Euro an den Versicherungskonzern Gerling abgetreten und als Sicherheit Teile der Markenrechte am Vereinslogo und -namen hinterlegt. Beiden Seiten wurde eine Ausstiegsoption zum 30. Juni 2005 gewährt. Im Börsenprospekt wurde jedoch nur die Ausstiegsmöglichkeit für den BVB, nicht aber die für Gerling erwähnt. Andreas Kühne von der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Velten Franz Jakoby hält dies für einen wesentlichen Punkt, um die Aktie zu bewerten. »Eine solche Option kann wesentliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage des Vereins haben«, sagte er.
Die Prospekthaftung sei nach drei Jahren verjährt. Sollte die Formulierung jedoch wissentlich gewählt worden sein, schließen Rotter und Kühne Prozesse in Sachen Kapitalbetrug nicht aus. Dessen Verjährung beginne erst mit Bekanntwerden des Verdachts.
Zudem glaubt die Kanzlei, dass die Borussia auch gegen Pflichten aus dem Wertpapierhandelsgesetz massiv verstoßen hat. »Wir gehen in höchstem Maße davon aus, dass Michael Meier und Gerd Niebaum bereits in den vergangenen Monaten wesentliche Aspekte der katastrophalen BVB-Finanzmisere per Ad-hoc hätten kommunizieren müssen«, sagte Rotter. Deshalb können Privataktionäre und institutionelle Investoren, die erst 2004 in die Aktie eingestiegen sind, nach Einschätzung des Juristen Schadenersatz geltend machen.
Nicht nur die Aktionäre haben nach Ansicht von Wirtschaftsjuristen allen Grund, eine Schadenersatzklage zu erwägen. Auch ehemalige Dortmunder Ligakonkurrenten wie etwa Eintracht Frankfurt sollten nach Meinung des Bochumer Rechtsanwalts Christof Wieschemann darüber nachdenken. »Die finanzielle Schieflage der Borussia hätte man schon zu Beginn des Lizenzierungsverfahrens für die laufende Saison erkennen müssen. Es könnte sein, dass entweder der BVB nicht ordnungsgemäß informiert, oder die Deutsche Fußball Liga nicht ordnungsgemäß überprüft hat«, sagte Wieschemann. Beide Umstände könnten »zu einer Schadensersatzpflicht entweder des BVB oder der DFL gegenüber den betroffenen Bewerbern wie Eintracht Frankfurt führen«.
Heribert Bruchhagen, Vorstandschef beim Bundesliga-Absteiger Frankfurt, drohte bereits mit rechtlichen Schritten, falls der BVB die Deutsche Fußball Liga falsch informiert hat. Auf einer Vorstandssitzung der Eintracht, die als Drittletzte der Saison 2003/2004 von einem Lizenzentzug für die Borussia profitiert hätte, soll heute über das weitere Vorgehen beraten werden.

Artikel vom 22.02.2005