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Mehr als nur
ein Duell der
Schlussmänner

Bayern will Arsenal ausschalten

München (dpa). Der größte Druck und alle Blicke werden auf Oliver Kahn und Jens Leh-mann lasten, doch der Champions-League-Kracher zwischen Bayern München und Arsenal London ist heute Abend mehr als ein brisantes Torhüter-Duell.
Nach zwei enttäuschenden Jahren will der deutsche Fußball-Rekordmeister unbedingt wieder ins Viertelfinale einziehen, und der Gegner weckt bei Franz Beckenbauer sogar Titelträume: »Arsenal haben wir 2001 schon mal geschlagen - und danach haben wir die Champions League gewonnen. Unmöglich ist das auch dieses Mal nicht«, verkündete der Bayern-Präsident vor dem Achtelfinal-Hinspiel an diesem Dienstagabend (Anpfiff 20.45 Uhr/SAT.1 und Premiere übertragen die Partie live).
Beflügelt vom 5:0-Schützenfest in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund kann nicht einmal der Ausfall des angeschlagenen Michael Ballack das Vertrauen von Felix Magath in seine Mannschaft schmälern: »Arsenal hätte sogar die Chance, die Champions League zu gewinnen, wenn sie nicht auf Bayern treffen würden«, tönte der Bayern-Trainer.
Kein Gegentor heißt das primäre Ziel für die 90 Minuten im ausverkauften Olympiastadion. Dafür ist in letzter Konsequenz Kahn zuständig, der vor dem Vergleich mit Lehmann eisern schweigt. Dafür versuchten die Verantwortlichen, den »Showdown« der Torhüter-Rivalen herunterzuspielen. »Für uns ist wichtig, wie wir als Mannschaft auftreten und nicht die zwei gegeneinander. Kahn und Lehmann werden sich vielleicht im Kabinengang treffen, aber auf dem Platz sehen sie sich nur aus der Entfernung«, meinte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Und Magath versicherte: »Oliver ist in so einer guten Verfassung und so stabil, dass ihn das Ganze wenig berührt.«
Das stimmt natürlich nicht ganz, zumal sogar der Bundestrainer aus Los Angeles einfliegt. Eine Vorentscheidung im Kampf um die Nummer eins bei der WM wird sicherlich nicht fallen, wie selbst der Kahn-Herausforderer Leh-mann vermutet: »Ich glaube nicht wirklich, dass Jürgen Klinsmann auf der Tribüne sitzt und sagt: Das ist mein Mann. Egal, wie das ausgeht.« Ähnlich betrachtet es Magath: »Wenn ich Nationaltrainer wäre, wäre für mich entscheidend, wer im April 2006 gut drauf ist.« Auch Klinsmann sieht heute Abend kein Torhüter-Duell: »Es wird für beide keine Rolle spielen, dass der Bundestrainer da ist.«
»Es ist kein Kampf Kahn gegen Lehmann, sondern Bayern gegen Arsenal«, betonte der rechtzeitig ins Arsenal-Tor zurückgekehrte Lehmann. Und beide Torhüter haben zudem in der Champions League noch etwas gutzumachen: Denn in der letzten Saison waren Kahn und Lehmann mit ihren Fehlern maßgeblich dafür verantwortlich, dass ihre Clubs gegen Real Madrid bzw. Chelsea London frühzeitig ausschieden.
Über den Gewinner des Vergleichs Kahn gegen Lehmann könnte vor allem das zweite große Duell des Abends mitentscheiden, das der Torjäger Roy Makaay gegen Thierry Henry. Mit 7:4 Treffern liegt der Bayern-Stürmer nach der Vorrunde vorne. Beide führen auch die Champions-League-Rangliste mit den meisten Torschüssen an, Makaay liegt mit 15 wiederum vor Henry mit 14. Trotzdem behauptete Lehmann, dass Makaay »nicht mit Henrys Klasse zu vergleichen ist«.
Nach seinen drei Toren gegen Dortmund will Makaay den Gegenbeweis antreten, zumal er mit Mehmet Scholl ein neues Traumpaar bildet. »Scholli weiß genau, wie ich spiele. Ich spekuliere schon vorher, wohin er den Ball spielt«, sagte Makaay. Ein Pluspunkt für die Bayern könnte zudem sein, dass Arsenals Abwehrchef Sol Campbell verletzt ausfällt.
Den Verzicht auf Nationalspieler Ballack nehmen die Münchner dagegen erstaunlich gelassen hin. Vielleicht, weil sie in dieser Saison vier von fünf Bundesligaspiele auch ohne seine Mithilfe gewonnen haben. »Wir haben oft genug gezeigt, dass wir es auch ohne Ballack können«, kommentierte Makaay. Anders sieht es bei ihm selbst aus: Seit der Niederländer in München spielt, gab es in der Champions League in 14 Spielen noch keinen Sieg ohne (mindestens) ein Tor von Makaay.

Artikel vom 22.02.2005