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Das Ende des Märchens

Nordische Ski-WM: Frauen-Staffel bleibt ohne Medaille

Oberstdorf (dpa). Ausgelaugt, gefrustet und ratlos: Der Traum von einer WM-Staffelmedaille für die deutschen Damen und damit die Fortsetzung des vor drei Jahren begonnenen Langlauf-Märchens ist in Oberstdorf geplatzt.

Nach dem Olympiasieg in Salt Lake City 2002 und dem WM-Titel in Val di Fiemme vor zwei Jahren reichte es für Steffi Böhler (Ibach), Viola Bauer (Oberwiesenthal), Evi Sachenbacher (Reit im Winkl) und Claudia Künzel (Oberwiesenthal) gestern hinter Norwegen, Russland und Italien nur zu Rang vier. Während die Norwegerinnen ausgelassen ihren vierten Staffel-Erfolg, den ersten seit 1982 feierten, schlichen die deutschen Damen mit gesenkten Köpfen von dannen.
14 Kilometer lang durfte das DSV-Quartett auf die Medaille hoffen. Steffi Böhler wechselte als Startläuferin zwar mit 16 Sekunden Rückstand, doch Viola Bauer lief ein engagiertes Rennen und brachte ihr Team am Ende der Klassik-Distanz bis auf 10 Sekunden heran. Als Evi Sachenbacher gemeinsam mit der Norwegerin Kristin Steira die Lücke zur Russin Jewgenja Medwedjewa-Abruzowa schloss, lag sogar eine Sensation im Bereich des Möglichen. Doch am letzten Anstieg kam bei der Bayerin der Einbruch.
»Ich war so blau am Ende, mir fehlten einfach die Körner, um mitzugehen. Ich hatte so brutal schwere Beine«, jammerte die einstige Spitzenläuferin, die nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Zu schnell, so analysierte sie, habe sie das 10-Sekunden-Loch zugelaufen. Unterstützung erhielt sie von Bundestrainer Jochen Behle. »Sie hat es probiert und die Flucht nach vorn angetreten. Am letzten Berg hat sie dann dem Tempo Tribut gezollt und gleich 30 Sekunden bekommen«, beschrieb der Coach die entscheidende Szene. »Kein Vorwurf an Evi, sie hat tapfer gekämpft. Wir sind eine Staffel. Da lässt niemand mit Absicht abreißen«, tröstete Viola Bauer ihre Teamkollegin.
Der Rückstand war für Claudia Künzel zu groß, zumal sie nach ihrer Krankheit nicht im Vollbesitz der Kräfte war. »Normalerweise sind 30 Sekunden für sie kein Problem. Wenn wir beim Wechsel Anschluss gehabt hätten, wäre es anders ausgegangen. So aber müssen wir akzeptieren, dass Italien stärker war«, meinte Behle. Claudia Künzel sah es realistisch. »Ich hatte schon beim Loslaufen keine Chance. Ich wusste, dass ich nicht die Form habe, den Riesenrückstand aufzuholen. Ich fühle mich schon den ganzen Winter nicht so frisch wie früher und war heute nicht besser als die Italienerin«, erklärte die Oberwiesenthalerin. Vor den noch ausstehenden sieben Entscheidungen in der Loipe hat Behle sein WM-Ziel vorsorglich nach unten korrigiert: »Wir wollen wenigstens eine Medaille holen.«

Artikel vom 22.02.2005