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Wege aus der Jobkrise gesucht

BA-Chef Weise sieht kaum Chancen für ältere Erwerbslose im Osten

Berlin/Nürnberg (dpa). Die Debatte um Auswege aus der immer noch weiter steigendenRekordarbeitslosigkeit in Deutschland wird schärfer.

Für erhebliche Verwirrung sorgte gestern ein Bericht, wonach die Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig ältere Arbeitslose in Ostdeutschland aus der üblichen Betreuung ausgliedern und Übergangsregeln schaffen will.
Nach Kritik auch aus der Bundesregierung stellte BA-Chef Frank-Jürgen Weise klar, dass auch künftig ältere Arbeitslose im Osten betreut würden und seine Behörde keinesfalls ihr Engagement verringern werde. Auch in Ostdeutschland würden weiter Chancen Älterer ausgelotet.
Weise plädierte jedoch für mehr Ehrlichkeit. »Niemandem ist geholfen, wenn wir hier so tun, als ob Vermittlung und Beratung schnell helfen würden.« Ältere und Langzeitarbeitslose hätten es derzeit im Osten schwer, Arbeit zu finden. Trotzdem dürfe man sie nicht allein lassen. »Wir müssen ihnen sinnvolle Angebote machen.«
Zuvor hatte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) erklärt, man habe ausreichend Möglichkeiten geschaffen, auch Ältere wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Diese müssten genutzt werden. SPD und Grüne warnten, vor den Problemen zu kapitulieren und ältere Arbeitslose aus der Statistik zu nehmen. Aus Sicht des Gütersloher SPD-Experten Klaus Brandner müssen Agenturen und Kommunen mehr öffentliche Arbeit organisieren.
Im Osten sind 181 000 Arbeitslose 55 Jahre und älter. Weise hatte der »Financial Times Deutschland« erklärt: »In den neuen Bundesländern können wir vielen Menschen in der derzeitigen Wirtschaftslage kaum etwas bieten.« Dazu zählten Arbeitslose über 55 Jahren ohne gefragte Qualifikation. Für sie sollte ein »Übergang gefunden werden, der auf eine bestimmte Zeit begrenzt ist«. Menschen ohne eine Chance auf Arbeit müsse die Gesellschaft ein Angebot machen. »Das ist nicht Aufgabe der BA allein.«
Nach Meinung von CDU-Politiker Karl-Josef Laumann hat sich Weise bereits von den Zielen der Hartz-IV-Reform verabschiedet. Am Ziel der besseren und intensiveren Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger - unabhängig von Alter und Wohnort - dürfe aber nicht gerüttelt werden. FDP-Vize Rainer Brüderle forderte Weise auf, sich bei Älteren und Ostdeutschen zu entschuldigen.
Wenige Tage vor der ersten Bilanz der Hartz-IV-Reform geht auch der Streit zwischen Bund und Kommunen über die Kosten unvermindert weiter. Berichte über ein Milliardenprogramm zur Konjunkturbelebung wies die Bundesregierung zurück, ebenso Spekulationen, wonach dem Bund 2005 Hartz-IV-Mehrkosten von bis zu 6,4 Milliarden drohten.
Clement bekräftigte Vorwürfe, Kommunen hätten Sozialhilfeempfänger zu Unrecht als erwerbsfähig eingestuft. Solche Fälle gebe es in ganz Deutschland. Brandner rechnet damit, dass der Bund 2005 den Kommunen nur 500 Millionen Euro Entlastung für die Zusammenlegung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe überweisen muss. Dies wären 2,7 Milliarden Unterkunftskosten weniger als geplant. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 24.02.2005