24.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Volmer-Erlass im Kabinett?

Bundesregierung widerspricht Darstellung im »Stern«


Berlin/Hamburg (ddp/WB). Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Darstellung, wonach das Kabinett mit dem umstrittenen Volmer-Fischer-Erlass zur Praxis der Visa-Vergabe nicht befasst war. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte gestern in Berlin, anderslautende Berichte entbehrten jeder Grundlage. Das Bundeskabinett sei nicht wie behauptet am 15. März 2000 mit dem Thema beschäftigt gewesen - auch nicht unter dem Punkt Verschiedenes.
Der »Stern« berichtet dagegen, der Fischer-Volmer-Erlass, der zum Visa-Missbrauch führte, sei entgegen der Behauptung von Regierungssprecher Béla Anda doch Thema im Kabinett gewesen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) habe sich am 15. März 2000 unter »Verschiedenes« zu diesem Thema zu Wort gemeldet und erklärt, durch den Erlass werde seine Politik zur Steuerung des Ausländerstroms untergraben.
Obwohl er für den Schutz der Grenzen zuständig sei, habe ihn Außenminister Joschka Fischer (Grüne) nicht eingebunden, kritisierte Schily laut »Stern«. Als Fischer den Vorwurf zurückwies, habe Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingegriffen und erklärt, der Konflikt solle auf Arbeitsebene geklärt werden. Das Kanzleramt sei auch danach durch Berichte des Bundesnachrichtendienstes gut über die Folgen des Erlasses informiert gewesen. Fischer sei bei einem Besuch der Botschaft in Kiew im Sommer 2000 über die schon damals unhaltbaren Zustände bei der Visa-Vergabe informiert worden.
Im Düsseldorfer Landtag räumte NRW-Innenminister Fritz Behrens gestern ein, dass von der Polizei in Zusammenarbeit mit dem Zoll 2003 in Bielefeld die Inhaber einer Baufirma, die illegale ukrainische Arbeitskräfte über erschlichene Besucher- und Touristenvisa eingeschleust hatten, überführt wurden. 64 Tatverdächtige seien damals erfasst worden. Behrens sagte weiter, gehe man der Frage nach, ob der Volmer-Erlass Auswirkungen auf die festgestellte Kriminalität in NRW hatte. So sei festzustellen, dass die Kriminalstatistik der Polizei in diesem Zusammenhang keine einheitlichen Trends ausweist. Die Statistik zeige unter anderem, dass die Zahl der ukrainischen Tatverdächtigen in NRW seit 2001 von 1422 sogar auf 1235 im Jahr 2004 zurückgegangen sei.

Artikel vom 24.02.2005