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Der Kiebitz


Es war einmal ein Feuchtlandbewohner... So könnte das Porträt des Kiebitz beginnen, denn bis in das 20. Jahrhundert brütete der in kleinen Kolonien lebende Vogel in Feuchtwiesen, Mooren. nassen Heiden oder Sümpfen mit lückenhaftem und nicht zu hohem Bewuchs. Der Rückgang der Feuchtgebiete hatte Auswirkungen auf den Bestand. Dem Kiebitz gelang es jedoch, sich umzustellen. Er nahm auch Viehweiden, Getreide- und Hackfruchtfelder als Brutplätze an.
Doch dort wird es zunehmend schwieriger, die Brut durchzubringen. Vom Vieh kurz gehaltene Wiesen gibt es kaum noch, und der Maschineneinsatz auf Getreide- und Hackfruchtfeldern zerstört Gelegt. Oder Bodendrainage führt dazu, dass der Boden im Laufe der Brustsaison zu trocken wird und der Vogel nicht mehr genug Futter findet. Er braucht kleine Bodentiere: kleine Insekten und deren Larven, Regenwürmer - verschmäht aber auch pflanzliche Kost nicht.
Im Bielefelder Raum beobachten Ornithologen eine erneute Umstellung: Kiebitze suchen sich Erdbeerfelder aus, die für Selbstpflücker angelegt werden - häufig mit gutem Erfolg. In der Paarungszeit zeigen die Männchen spektakuläre Schauflüge über ihren Nistplätzen und rufen laut: »kie-witt, pije, chiu-witt«. Für Unruhe sorgen in diesen Brutbereichen allerdings Spaziergänger, die ihre Hunde frei laufen lassen.
Das Kiebitz-Nest befindet sich in einer Bodenmulde, mit wenigen trockenen pflanzlichen Fasern ausgelegt. Das Gelege - meistens bestehend aus drei Eiern - wird von den Eltern ab März über 26 bis 29 Tage abwechselnd bebrütet. Die geschlüpften Jungen verlassen das Nest und können bereits selbstständig Nahrung aufnehmen. Droht ihnen Gefahr, werden sie durch Rufe der Eltern gewarnt und ducken sich auf dem Boden. 35 bis 40 Tage später sind sie flügge.
Der Kiebitz gehört zu den Limikolen, zu denen auch Regenpfeifer, Schnepfen und Strandläufer zählen. Auf den ersten Blick erscheint das Gefieder des taubengroßen Vogels schwarz-weiß gefärbt. Doch das vermeintliche Schwarz ist ein dunkel schillerndes Grün, die Unterseite ist weiß, über die Brust verläuft ein schwarzes Band. Befindet sich das Männchen im Prachtkleid, ist auch dessen Kehle schwarz. Sehr auffällig sind die schwarzen Schopf-Federn, die optische eine Verlängerung des dunklen Kopfes darstellen. Jungvögel haben diese Haube noch nicht.
Derzeit überwintern die Kiebitze, die Kurzstreckenzieher sind, in Frankreich und Spanien. Bereits im Mai/Juni ziehen sie aus den Brutgebieten ab. Dann kann man sie auch über Bielefeld in Schwärmen fliegen sehen. In milden Wintern halten sie sich noch lange auf den Feldern im Münsterland auf.
WESTFALEN-BLATT und Naturschutzbund (NABU) Bielefeld stellen in dieser Serie Vögel vor, die in Ostwestfalen ständig oder vorübergehend leben. Biologe Dr. Wolfgang Beisenherz und Redakteurin Elke Wemhöner porträtieren in der nächsten Folge am Donnerstag die Wacholderdrossel

Artikel vom 22.02.2005