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Leitartikel
Zur Lage im Sudan

Dramatische Worte - aber keine Taten


Von Dirk Schröder
Was für ein Jubel herrschte Anfang Januar, als die Meldung um die Welt ging, dass ein Friedensabkommen für den Südsudan 21 Jahre Krieg beendet habe. Und auch im Westen, der dem mörderischen Treiben bisher tatenlos zugesehen hatte, sprach man von einem viel versprechenden Tag.
Dennoch besteht wenig Hoffnung, dass der Konflikt in der sudanesischen Provinz Darfur, für den es bislang nur einen Waffenstillstand gibt, in naher Zukunft gelöst werden kann. Das Gegenteil ist wahrscheinlicher: Die politische Krise hat sich verschärft, es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Menschen umkommen. Die Bevölkerung hat weiter Angst um ihre Lebensgrundlage.
Es hat sich also nichts geändert - so dass UN-Generalsekretär Kofi Annan sich bemüßigt sah, auf der jüngsten Sicherheitskonferenz in München die NATO aufzurufen, einen militärischen Einsatz im Sudan in Erwägung zu ziehen. Und die USA haben nur zwei Tage später vorgeschlagen, eine 10 000 Mann starke Friedenstruppe in den Sudan zu entsenden.
Man muss nicht Hellseher sein, um vorherzusagen, was jetzt passiert. Die Regierung in Khartum wird - das wievielte Mal eigentlich? - klar und unmissverständlich aufgefordert, für Frieden zu sorgen. Ansonsten drohten härteste Sanktionen. Ein wenig Zeit müsse man dem Sudan aber geben, um die Gewalt in Darfur zu beenden, wird es heißen.
Das geht nun bereits seit einem Jahr so. Schon vor 12 Monaten hielt Annan den Zeitpunkt für gekommen, im Sudan einzugreifen und redete den UN-Mitgliedern ins Gewissen. Doch außer Appellen und Drohungen, die kaum Eindruck in Khartum hinterließen, geschah nichts. Die grausame Bilanz bis heute: Zwei Millionen Menschen wurden vertrieben, die Zahl der Ermordeten oder während der Vertreibung Gestorbenen wird auf 120 000 geschätzt.
Vom Tatbestand »Völkermord« will die Internationale Staatengemeinschaft noch immer nichts wissen. Die Haltung ist durchschaubar. Sie müsste sonst eingreifen. Stattdessen geht das Aussitzen weiter.
Es ist erschreckend, dass die UNO und ihre Mitglieder nichts aus ihrem Versagen in Bosnien und Ruanda gelernt haben. In Bosnien wurde direkt vor den Augen der UN-Blauhelme gemordet. Und in Ruanda schaute die Welt solange tatenlos weg, bis alles vorüber war - 800 000 Menschen wurden niedergemetzelt.
Kofi Annan hat kürzlich eingeräumt, dass die UNO damals Fehler gemacht hat. Um so unverständlicher, dass diese nun wiederholt werden. Den dramatischen Worten müssen endlich Taten folgen. Es macht wütend, wenn Länder wie China öder Russland alles blockieren, nur um ihre Erdölinteressen nicht aufs Spiel zu setzen.
Die UNO hat derweil die Hoffnung ausgedrückt, bis zum Jahresende sei ein Frieden in Darfur möglich. Ein Armutszeugnis. Die UNO - ein hoffnungsloser Fall?

Artikel vom 23.02.2005