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Sensation: CDU siegt
in Schleswig-Holstein

Rot-Grün verliert deutlich - Beteiligung auf neuem Tiefststand

Kiel (dpa). Schleswig-Holstein steht vor einem sensationellen Machtwechsel. Die CDU unter Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen konnte laut Hochrechnungen eine knappe Mehrheit mit der FDP erreichen.

Die seit 1996 amtierende rot-grüne Regierung unter Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) erlitt herbe Verluste. Sie büßte nach Zahlen von ARD (Infratest) und ZDF (Forschungsgruppe) ihre Mehrheit ein. Die Wahlbeteiligung lag mit 67,0 (ARD) und 66,8 Prozent (ZDF) deutlich unter dem historischen Tiefststand von 69,5 Prozent (2000).
Die endgültige Mandatsverteilung wurde am Abend zu einer stundenlangen Zitterpartie. Die SPD kommt laut ARD (21.00 Uhr) auf 38,5 Prozent (28 Sitze), nach 43,1 Prozent bei der Wahl 2000. Die CDU legt auf 40,2 Prozent (35,2) zu und könnte 30 Mandate beanspruchen. Die FDP verliert leicht auf 6,7 (7,6); das bedeutete 5 Sitze. Die Grünen erhalten trotz der Visa-Affäre um Außenminister Joschka Fischer 6,3 Prozent (6,2) und damit 4 Sitze. Sie waren noch Ende Januar in Umfragen auf 8 Prozent gekommen. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit, kommt auf 3,6 (4,1) und 2 Mandate. Laut ZDF sähe es ähnlich aus: CDU 40,1 (30 Sitze), SPD 38,5 (28 Sitze), FDP 6,7 (5 Sitze), Grüne 6,1 (4 Sitze), SSW 3,8 (2 Sitze).
Nach ARD- und ZDF-Hochrechnungen hätten CDU und FDP 35 Mandate und damit die denkbar knappste Regierungsmehrheit im verkleinerten Kieler Parlament. Allerdings lagen CDU und FDP prozentual um diese Zeit jeweils hinter SPD, Grünen und SSW. Nach der Wahl 2000 verfügte die SPD über 41 Abgeordnete im Landeshaus, die CDU stellte 33, die FDP 7, die Grünen 5 und der SSW 3 Parlamentarier.
Die rechtsextreme NPD verpasst mit 2,0 (1,0) Prozent deutlich den Einzug in das Landesparlament. Sie hatte in Schleswig-Holstein das zweite Landesparlament nach Sachsen erobern wollen und dafür gegen Ausländer sowie die Hartz-Gesetze Stimmung gemacht.
Die Wahl war der erste bundespolitische Stimmungstest des Jahres für Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Fischer nach Inkrafttreten der Reform Hartz IV mit der auf gut fünf Millionen gestiegenen Arbeitslosigkeit sowie der Visa-Affäre. Das Ergebnis im nördlichsten Bundesland gilt auch als Richtung weisend für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai, bei der erneut eine rot-grüne Koalition auf Landesebene um ihre Mehrheit kämpft.
CDU-Spitzenkandidat Carstensen sah einen Wählerauftrag für seine Partei zur Regierungsbildung. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sprach von einer Signalwirkung für den Wahlkampf in NRW. Das Ergebnis sei »eine Sensation nach den Umfragen der letzten Wochen«. SPD-Chef Franz Müntefering sagte: »Ich bin aber sicher, dass von der Wahl die Botschaft ausgeht, dass die Sozialdemokraten aus dem tiefsten Tal heraus sind und wieder auf dem Weg nach vorn sind.«
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Artikel vom 21.02.2005